Bundesfreiwilligendienst: Tiefe Sorgenfalten bei BRK-Verantwortlichen
Der Sozialverband und die Bewerber für das Jahr 2024 hängen wegen der unklaren Finanzlage in Berlin in der Luft. Auf die drastischen Folgen hat BRK-Rettungsdienstleiter Dominik Lommer am Mittwoch beim traditionellen Weihnachtsbesuch der CSU-Mandatsträger im neuen Rettungszentrum in Cham hingewiesen.
Von Frank Betthausen
Cham. Wichtige Themen hat Dominik Lommer in diesen letzten Tagen des Jahres zuhauf auf dem Schreibtisch oder im E-Mail-Postfach. Doch eines – das zeigte sich beim Weihnachtsbesuch der CSU-Mandatsträger im neuen Rettungszentrum in der Tiergartenstraße in Cham – bewegt den BRK-Rettungsdienstleiter besonders: die unsichere Zukunft des Bundesfreiwilligendienstes. „Wir generieren 100 Prozent unserer hauptberuflichen Kräfte aus Ehrenamt und Bundesfreiwilligendienst“, zeigte er die Bedeutung des Angebots für das Rote Kreuz auf.
Wegen der unklaren finanziellen Lage habe er vergangene Woche acht Bewerbern mitteilen müssen, dass er ihnen für 2024 nichts zusagen könne und dürfe. Und so lautete sein Appell an die Politik: „Das wäre mir sehr, sehr wichtig: Dass man hier möglichst zügig zu einer Nachricht kommt, die positiv für alle Sozialberufe ausgeht.“
Bundestagsabgeordnete Martina Englhardt-Kopf wusste er bei dem Thema an seiner Seite. „Das wäre ein fatales Signal für unsere Gesellschaft – auch im Sinne der Nachwuchsgewinnung und der Orientierung –, wenn man im Rahmen der Haushaltskürzungen auch da den Rotstift ansetzen würde“, sagte sie.
In ihren Augen müsse es vielmehr, soweit es von den Verbänden und der Betreuung her möglich sei, darum gehen, den Bundesfreiwilligendienst zu erweitern und noch attraktiver zu machen. „Das ist dringend notwendig“, sagte sie.
Theo Zellner: „Es läuft rund“
BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner sah nicht nur mit Blick auf die Kürzungsdebatte in Berlin eine Vielzahl an Berührungspunkten zwischen den Sozialverbänden und der Politik. Der schon traditionelle Besuch der CSU-Vertreter gebe dem BRK die Gelegenheit, sich herzlich zu bedanken.
„Denn vieles im Roten Kreuz könnte nicht so laufen, wenn wir nicht in den meisten Bereichen die Unterstützung der Politik hätten“, meinte der langjährige BRK-Präsident, der die Entwicklung skizzierte, die „sein“ Kreisverband 2023 genommen hatte; von den Gemeinschaften über den boomenden Bereich der Kindertagesstätten bis hin zu großen Bauvorhaben.
„Es läuft rund, und wir wollen auch in Zukunft unseren Beitrag dazu leisten, dass die Bevölkerung sich auf das Rote Kreuz verlassen kann“, betonte Zellner, der mit Stolz auf die rund 700 hauptamtlichen Mitarbeiter beim BRK Cham und die mehr als 3000 Ehrenamtlichen verwies. „Das ist, wenn man so will, ein mittelständischer Betrieb. Und ich bin sehr froh, dass dieser Verband auch wirtschaftlich sehr gut unterwegs ist“, sagte er.
Landtagsabgeordneter Gerhard Hopp bezeichnete es als beeindruckend, wie es das BRK schaffe, Haupt- und Ehrenamt zu vereinen und immer wieder zusammenzubringen – „egal, wo es ist, egal, welche Einsätze es sind“. In beiden Bereichen sei das BRK landesweit auf höchstem Niveau bekannt.
„Ihr seid immer da, wenn ihr gebraucht werdet. An 365 Tagen! Rund um die Uhr! Und das in wirklich nicht einfachen Zeiten.“ In der Rot-Kreuz-Arbeit und speziell im ehrenamtlichen Engagement machte der Landespolitiker eine „Vorbildwirkung für die Jugend“ aus.
Ein Gewinn für die Gesellschaft
Großes Lob gab es auch aus dem Mund von Chams Bürgermeister Martin Stoiber. In allen Bereichen des BRK werde hervorragende Arbeit geleistet – im Haupt- wie im Ehrenamt mit den genannten mehr als 3000 Aktiven. „Wenn man so viel Zulauf hat, heißt das, dass vieles ganz, ganz richtig gemacht wird. Egal, wann etwas ist: Aufs Rote Kreuz ist Verlass. In welcher Situation auch immer! Ihr seid am Menschen!“, meinte das Stadtoberhaupt.
Martina Englhardt-Kopf stellte ebenfalls den Wert der Freiwilligentätigkeit heraus. „Das ist unvorstellbar, was da an Leistung und an Gewinn für die Gesellschaft und die Bürgerschaft dahintersteckt. Das ist unbezahlbar für den Staat.“
Die Bundestagsabgeordnete aus Schwandorf strich mit Blick auf die Arbeit beim BRK außerdem die Erfolge in der Zusammenarbeit mit Tschechien und den Ausbau des Grenzüberschreitenden Rettungsdienstes über das Kompetenz- und Koordinierungszentrum in Furth im Wald heraus.
Es sei sehr wichtig und wertvoll für die Bürger, dass der Rettungsdienst nicht an der Grenze ende, erklärte sie. Landrat Franz Löffler hieb in die gleiche Kerbe: „Was hier entwickelt worden ist, ist maximal bemerkenswert. Der Mensch, der Patient, ist der Profiteur“, befand er.
Entscheidung „von herausragender Bedeutung“
Das Landkreis-Oberhaupt sah generell viele Verknüpfungspunkte zwischen der Arbeit des Landratsamts und dem Roten Kreuz. „Diese Bereiche sind alle dafür wichtig, dass unser Sozialstaat funktioniert – genauso wie der sichere Rechtsstaat. Wenn wir sie nicht hätten, wäre es ganz schwierig“, meinte Löffler, der in seinen Weihnachtsgrüßen eine Reihe an Neuerungen im Landkreis beleuchtete.
Was derzeit im Rettungsdienst in Bewegung sei, sei beachtlich. „An so einen Aufwuchs an rettungsdienstlicher Aktivität kann ich mich nicht erinnern“, sagte der Landrat und erinnerte nicht zuletzt an den Aufbau von Einsatzstunden mit der Verlegung des Standorts Lam nach Arrach.
Löffler ging außerdem auf den geplanten neuen Stellplatz an der B20 bei Weiding und den sogenannten Flexi-Rettungswagen in Falkenstein ein, für den das BRK vor wenigen Wochen den Zuschlag erhalten hatte. In Anwesenheit von Praxisanleiter und Falkensteins Bereitschaftsleiter Patrick Schwarz sprach Kreisvorsitzender Theo Zellner „von einer herausragenden Bedeutung dieser Entscheidung für den Standort“.
Franz Löffler verteidigte die Überlegungen für den Ortswechsel von Lam nach Arrach. Er müsse stets die Versorgung der Menschen in den Mittelpunkt rücken. Dabei sei die Hilfsfrist von zwölf Minuten der entscheidende Ansatz. „Und wenn wir die im Bereich Bad Kötzting im Durchschnitt aller Einsatzfälle nur mit 70 Prozent einhalten, dann ist das einfach nicht zufriedenstellend. Das haben auch die Gutachter und die Kassen erkannt“, sagte er.
„Schneller zur hochwertigen Medizin bringen“
Die Botschaft bei allen aktuellen Veränderungen sei eine positive. „Nämlich die, dass wir das Netz verdichten und die Menschen näher und schneller zur hochwertigen Medizin bringen“, betonte Löffler.
Katastrophenschutzleiter Tobias Muhr blickte im Gespräch mit den CSU-Mandatsträgern mit Dankbarkeit auf das Jahr 2023 zurück. „Auch wenn es anspruchsvoll war, ist es das erste Jahr unserer kurzen Amtszeit gewesen, in dem kein ausgerufener Katastrophenfall herrschte“, erklärte er.
Für das neue Rettungszentrum in der Tiergartenstraße seien alle Mitarbeiter sehr dankbar. „Das erfüllt alle mit Stolz – und es geht jeder gerne hinein“, sagte Muhr.
Nach einer Reihe von Großeinsätzen in diesem Jahr sah er sich in einem Gefühl extrem bestärkt: Die Zusammenführung von Haupt- und Ehrenamt sei beim BRK Cham so geglückt, dass man im Rettungsdienst- und Katastrophenschutzalltag oft keinen Unterschied zwischen den Kräften mehr erkenne.