Chamer Einsatzkräfte helfen, im Ahrtal die größte Not zu lindern
Die Situation in Rheinland-Pfalz ist nach wie vor erschütternd. „Aber: Die Solidarität und die Hilfsbereitschaft der Menschen sind gewaltig. Jeder gibt dort sein Bestes", berichtet Katastrophenschutzleiter Tobias Muhr nach seiner Rückkehr. BRK-Präsident und Kreisvorsitzender Theo Zellner spricht von einem "imponierenden, selbstlosen Handeln unserer Einsatzkräfte in dieser gefährlichen Lage".
Von Frank Betthausen
Cham. Der Einsatz von Helfern und Rettungskräften aus dem Landkreis Cham in Rheinland-Pfalz hat sich am Wochenende ausgeweitet. Zehn Chamer BRK-Bereitschaftsmitgliedern der Schnelleinsatzgruppe Betreuung, die am vergangenen Mittwoch mit Fachdienstleiter Michael Hilpl an der Spitze ins Katastrophengebiet abgerückt waren, folgte am Freitagmorgen erst Katastrophenschutzleiter Tobias Muhr als Mitglied der Kontingentführung und Fachberater CBRNE Bayern.
Am Samstag bestiegen weitere acht Einsatzkräfte des BRK-Kreisverbands ihre Fahrzeuge. Sie waren und sind seit der Ankunft im schwer getroffenen Ahrtal für die Verpflegung von 150 Feuerwehrleuten aus dem Landkreis Cham zuständig, die ebenfalls dorthin beordert worden waren.
Vier Retter verlängern ihren Einsatz
Die Situation vor Ort ist nach wie vor erschütternd. „Aber: Die Solidarität und die Hilfsbereitschaft der Menschen und Einsatzkräfte sind gewaltig. Jeder gibt dort sein Bestes", sagte Muhr, der in der Nacht zum Montag nach Cham zurückkehrte. So wie sechs Rot-Kreuz-Mitglieder aus der Truppe von Michael Hilpl, die in Bad Neuenahr-Ahrweiler Menschen mit Essen und Schutzgütern versorgt hatten.
Hilpl und drei weitere Kräfte aus den Reihen des Kreisverbands haben ihren Einsatz in dem Krisengebiet verlängert – voraussichtlich bis Mittwoch. Sie stießen zu ihren acht am Samstag nachgereisten Kollegen, um sie bei der Verpflegung der Einsatzkräfte aus dem Chamer Feuerwehrkontingent zu unterstützen. Die BRK-Mitarbeiter sorgen für Getränke und bereiten Grillfleisch oder Linseneintopf mit Würstchen zu, um die Retter bei Kräften zu halten.
"Massivste Zerstörungen"
Michael Hilpl berichtete am Montag am Telefon von „immensen Schäden“ und „massivsten Zerstörungen von teilweise ganzen Orten“. Die Hochwasserlage dort sei eine völlig andere als bei früheren Einsätzen. „Deggendorf und Simbach waren schon schlimm. Aber das hier ist bei weitem schlimmer“, sagte er.
Tobias Muhr, der sich als Fachberater CBRNE und Seuchenschutz (CBRN = chemisch, biologisch, radiologisch, nuklear, explosionsgefährdet) schon bei internationalen Einsätzen einen Namen gemacht hatte, war mit einem Standard-Kontingent unter Führung von Bezirksbereitschaftsleiter Dieter Hauenstein nach Rheinland-Pfalz aufgebrochen, das vor allem aus niederbayerischen BRK-Einheiten bestand.
„In erster Linie ging es um den Covid- und Seuchenschutz im Krisengebiet“, skizzierte Muhr seine Rolle als Fachberater. Sein erstes Fazit nach 72 Stunden Einsatzzeit: „Selbst wenn du mitten in diesen Schadensgebieten stehst, ist es unfassbar, was hier passiert ist", sagte er.
Unterstützung aus den Kommunen
Landrat Franz Löffler hatte sich am Wochenende „ganz besonders bei den ehrenamtlichen Frauen und Männern von Feuerwehr und Rettungsdienst für deren dringend notwendigen Einsatz sehr herzlich“ bedankt. „Sie tragen ein weiteres Mal dazu bei, dass unser Landkreis Cham in ganz Deutschland als Helferlandkreis wahrgenommen wird“, schrieb Löffler. Ebenso gelte sein Dank den Kommunen, die Einsatzpersonal und -gerätschaften zur Verfügung gestellt hätten.
BRK-Präsident und Kreisvorsitzender Theo Zellner sprach von „unermesslichen und bedrückenden Ausmaßen“ der Hochwasser-Tragödie. Dass der Freistaat und das Bayerische Rote Kreuz bisher jedem Hilfeersuchen nachkommen konnten, machte er vor allem am „Aufwuchs aus dem Ehrenamt“ fest. „Daran, dass wir uns auf Sie im Ehrenamt in besonderer Weise verlassen konnten“, betonte Zellner in einer Video-Aufnahme, die direkt an die Einsatzkräfte gerichtet war.
Ein hoher psychischer Einsatz
Trotz Hochwassers im eigenen Land und des Pandemie-Geschehens hätten Bayern und das BRK die Hand reichen und über Ländergrenzen hinweg helfen können. „Jetzt ist Solidarität gefragt – und zwar handelnde Solidarität, nicht nur mit Worten“, sagte Zellner. Bei all dem imponiere ihm immer wieder, „wie selbstlos unsere Einsatzkräfte in dieser gefährlichen Lage agieren“. Zumal sie sich diesmal in fragiles, unbekanntes Gelände begäben.
Zu all dem komme der hohe psychische Einsatz, den die Helfer nach seinen Worten mittragen. „Ich möchte jeder einzelnen Einsatzkraft sagen: Das Bayerische Rote Kreuz steht hinter Euch!“, sagte der BRK-Präsident. Und: „Es ist uns allen bewusst, dass Sie anderen Menschen helfen und ihnen auch wieder ein Stück weit Hoffnung geben“, erklärte er.