Das Herz bürgerschaftlichen Engagements schlug besonders laut
Die Wasserwacht feierte am Samstagabend ihr 75-jähriges Bestehen. Die Festredner hatten nicht nur Geschenke für die Jugendarbeit dabei. Sie lobten auch den ehrenamtlichen Einsatz der Aktiven. „Hier werden immer Jung und Alt mit einbezogen und die Gemeinschaft wird in den Vordergrund gestellt“, betonte etwa BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner. Er sah im Wirken der Wasserretter die Möglichkeit, große Sozialkompetenz zu entwickeln und in die Gesellschaft einzubringen.
Von Karl Pfeilschifter
Cham. „Ihr seid ein starkes Stück Bayerisches Rotes Kreuz und damit Vorbild in unserer Gesellschaft, die auf Freiwilligkeit setzt und auch setzen muss. Ihr seid der Gegenentwurf zur Gleichgültigkeit und der Wegschau-Mentalität.“ Dies erklärte BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner bei der 75-Jahr-Feier der Wasserwacht Cham am Samstagabend im Kolpinghaus.
Dem Festakt ging ein Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche St. Jakob mit Totengedenken voraus. Auch Landrat Franz Löffler und Bürgermeister Martin Stoiber stellten in ihren Grußworten das ehrenamtliche Engagement der mehr als 1200 Mitglieder heraus. In besonderer Weise würdigten sie das Wirken des langjährigen Vorsitzenden Reinhard Lesinski.
„Unsere Heimat, das Land Bayern, ist ein Ehrenamtsland“, betonte Zellner bei seinem Festvortrag mit dem Hinweis auf die größte Gemeinschaft des BRK, die Wasserwacht. Die Chamer Ortsgruppe nannte er „ein besonderes Licht“ im Ehrenamtsland.
Sie erleben nicht nur gute Tage
„Das kalte Wasser wird nicht wärmer, wenn du später springst“: Dieser Spruch treffe auf die Wasserwacht ganz besonders zu, weil die Aktiven oft selbst nicht wüssten, was sie erwarte. Seit 75 Jahren sei Wasser das Metier der Retter – und ins kalte Wasser zu springen, sei ihre Philosophie.
Leider seien es nicht immer gute Tage, wenn man sich mit menschlichen Schicksalen und Naturkatastrophen auseinandersetzen müsse. Bei den vielen Einsätzen sei man aufeinander angewiesen und vertraue sich blind. Der Einzelne habe in der Wasserwacht keine Chance.
Zellner erinnerte an die Tradition der Wasserwacht, die 1883 im von der Donau überfluteten Regensburg entstanden sei. 1948 hätten sich die Chamer aufgemacht und eine eigene Ortsgruppe gegründet. Das Ziel sei über all die Jahre hinweg gewesen, professionell aus- und fortzubilden.
„Hier werden immer Jung und Alt miteinbezogen und die Gemeinschaft wird in den Vordergrund gestellt“, unterstrich der Redner, der im Wirken der Wasserretter auch die Möglichkeit sah, große Sozialkompetenz einzubringen und zu entwickeln.
Eine Gemeinschaft jenseits der Computer-Scheinwelt
Hinter dem Motto „Mit Sicherheit am Wasser leben“ verbirgt sich nach seiner Darstellung die Rettung von Menschenleben genauso wie die Ausbildung von Schwimmern, Rettungsschwimmern und Tauchern – „und all das mit moderner Ausrüstung und spezialisierter Technik in Fahrzeugen und Booten“.
„Ihr schaut nicht zu, wenn Hilfe benötigt wird, sondern packt mit an“, betonte der langjährige BRK-Präsident und nannte es „einen hohen Anspruch, sich vorzunehmen, in der Freizeit Leben zu retten“.
Wer Menschen ausbilde, wer Kinder und Jugendliche an eine Aufgabe heranführe, wer Umwelt schütze und Gemeinschaft jenseits der computergesteuerten Scheinwelt lebe, habe größten Respekt verdient.
Zellner gratulierte der Ortsgruppe mit Reinhard Lesinski an der Spitze herzlich zum Jubiläum. Diese Feier im würdigen Rahmen habe man sich verdient. Mittlerweile habe die Wasserwacht Cham 1244 Mitglieder, darunter 40 Prozent Kinder und Jugendliche.
Zellner stellte in diesem Zusammenhang „das unermüdliche Schaffen“ von Lesinski heraus, der seit 1981 Vorsitzender ist. Außerdem erwähnte er eine Reihe an Ausbildern, die durch ihre Tätigkeit das Fundament der starken Gemeinschaft verlässlich erneuerten und stabil hielten. Sie seien die Grundlage für die quantitative und qualitative Stärke. Und: Sie alle seien Menschen, die durch ihre Zuverlässigkeit bestächen.
Mit Leidenschaft und rund um die Uhr
„Hier im Kolpinghaus in Cham schlägt das Herz bürgerschaftlichen Engagement heute ganz besonders“, meinte der Kreisvorsitzende mit Blick auf die Ehrenamtlichen im Saal, die Tag für Tag, Woche für Woche und Jahr für Jahr wertvolle Arbeit leisteten – mit Leidenschaft und rund um die Uhr.
Dies könne in einer Zeit, in der sich viele Zeitgenossen wegduckten, gar nicht hoch genug gewürdigt werden. „Ihr werdet gebraucht, mehr denn je!“ rief Zellner den Wasserwachtlern zu und nannte sie einen „wichtigen Pfeiler im Hilfeleistungssystem“.
Für die Jugendarbeit hatte der Kreisvorsitzende eine Spende mitgebracht.
Landrat Franz Löffler blickte auf die 75 Jahre mit ihren vielen Veränderungen zurück. Der Chamer Wasserwacht sei es gelungen, sich erfolgreich weiterzuentwickeln. Die Gefahren seien andere geworden, das Freizeitverhalten habe sich verändert und der Anspruch der Gesellschaft ebenfalls. „Die vorbildliche Leistung tut uns gut“, sagte er über das Wirken der Ortsgruppe und dankte deren Mitgliedern in besonderer Weise für ihren Schwimmunterricht.
„Ein tolle Gemeinschaft!“, hielt der Landrat fest und übergab ebenfalls einen Scheck.
„Wenn man euch braucht, seid ihr da!“
Bürgermeister Martin Stoiber stellte seine Rede unter die Schlagwörter Retten, Ausbilden und Gemeinschaft. „Wenn man euch braucht, seid ihr da!“, erklärte das Stadtoberhaupt und lobte die Wasserwacht Cham für ihren Zusammenhalt.
Gleichzeitig stellte die Wichtigkeit des Ehrenamtes heraus. „Ihr brennt mit Herz für das Thema Wasser“, sagte er. Wie Zellner und Löffler überreichte das Stadtoberhaupt eine Zuwendung für die Jugendarbeit.
Eine Überraschung stellten die Geldspenden zweier langjähriger Mitglieder dar, die der Wasserwacht Cham beide seit mehr als vier Jahrzehnten angehören. So ließen es sich Dr. Andreas Habash und Thomas Ellerstorfer nicht, nehmen dem Vorsitzenden Reinhard Lesinski jeweils einen Scheck über 1000 Euro zu übergeben.
Mit ihrer großzügigen Geste wollten sie nach eigenen Angaben ihre Verbundenheit zur Ortsgruppe und ihre Anerkennung für deren ehrenamtliches Engagement zum Ausdruck bringen – insbesondere im Bereich der Jugendarbeit.
Der Festakt, zu dessen Programm auch Ehrungen gehörten, wurde durch die Gruppe Cham-Sax musikalisch umrahmt. Ein kalt-warmes Büfett schloss sich an.
Auszeichnungsspangen erhielten:
25 Jahre: Lukas Dobmeier, Richard Raum, Armin Schlüter und Rene-Daniel Zahn
30 Jahre: Michael Amann
35 Jahre: Dr. Alois Hiebl und Dominik Lommer
40 Jahre: Andreas Bachl, Michael Hajek und Michael Kunz
45 Jahre: Thomas Ellerstorfer
55 Jahre: Reinhard Lesinski
Wasserwacht-Medaillen gab es für:
Silber: Joseph Kraus
Gold: Armin Schlüter
Das BRK-Ehrenzeichen in Gold nahm entgegen:
Markus Schmid
Über das Ehrenzeichen der Wasserwacht in Gold freute sich:
Elke Lesinski