„Es ist eine tolle Sache, wenn man einem Menschen helfen kann“
Das BRK Cham und die Leonhard-Stettner-Grundschule in Wilting kooperieren seit dieser Woche offiziell beim Schulsanitätsdienst. „Das Geld ist nirgendwo besser angelegt als in der Jugendarbeit und bei den Kindern. Denn sie lernen für die Zukunft und fürs Leben“, betonte Bürgermeister Sepp Marchl bei einer kleinen Feierstunde. Die Kommune hatte die Kosten für die Ausbildung der 20 Mädchen und Jungen übernommen.
Von Frank Betthausen
Traitsching/Wilting. Was ihr Engagement als Schulsanitäter Kindern bedeuten kann, zeigt eine Aussage von Romana Denk. Ihre Tochter Luisa besucht in Wilting die Klasse 3b der Leonhard-Stettner-Grundschule und erhielt dort am Donnerstag wie 19 andere Drittklässler nach erfolgreich absolvierter Ausbildung ihre Ersthelfer-Urkunde. „Sie ist sowas von stolz“, berichtete ihre Mutter nach dem Termin.
Schulleiterin Cornelia Kiener und stellvertretender BRK-Kreisvorsitzender Dr. Hans Schneider besiegelten bei einer kleinen Feierstunde im Mehrzweckraum mit ihrer Unterschrift die Kooperation zwischen der Bildungsstätte und dem BRK Cham.
Der Schulsanitätsdienst – die Mädchen und Jungen waren über neun Unterrichtseinheiten hinweg von BRK-Lehrkraft Helene Filimon ausgebildet worden – ist der 27. des Roten Kreuzes im Landkreis Cham und der zwölfte an einer Grundschule.
Schneider sprach von einem „wichtigen Tag“ fürs Rote Kreuz. „Denn immer, wenn eine Schule sich der Mühe unterzieht und ihre Schüler zu Schulsanitätern ausbildet, dann kommen wir in unserem Hauptanliegen ein großes Stück vorwärts. Das Hauptanliegen ist, den Menschen zu helfen. Und es ist eine ganz tolle Sache, wenn man einem Menschen helfen kann“, betonte er.
Jugendlicher belebte seinen Vater wieder
Der ehemalige Chefarzt der Anästhesie am Chamer Krankenhaus erzählte den Kindern von einem 14-jährigen Schulsanitäter, der aus der Schule nach Hause gekommen war und seinen Vater in einer lebensbedrohlichen Lage vorgefunden hatte.
Der Jugendliche belebte den Mann wieder und sorgte durch sein entschlossenes Handeln dafür, dass Schneider ihn zwei Tage später in stabilem Zustand antraf und mit ihm ins Gespräch kam, als er einen Bekannten in der Klinik besuchte.
„Das war sicher ein Extremfall, aber er zeigt, dass ein Kind lebensbedrohliche Umstände in eine andere Richtung umlenken kann“, erklärte Schneider, der „natürlich davon ausging“, dass es die Wiltinger Schüler im Alltag eher mit Schürf- und Platzwunden oder Übelkeit zu tun bekommen. „Dennoch wisst ihr, was zu tun ist. Ihr seid ausgebildet“, sagte er.
Einsatzwesten und Notfalltasche
Thomas Winkler überreichte den Drittklässlern zwei leuchtend gelbe Einsatzwesten und eine Notfalltasche für den Dienst. Der Leiter der Jugendarbeit beim BRK Cham zeigte den Kindern eine Reihe an Möglichkeiten auf, sich über den Schulsanitätsdienst hinaus beim Jugendrotkreuz zu verwirklichen.
Am 13. April finde beispielsweise in Waldmünchen nach längerer Pause ein Kreiswettbewerb statt, bei dem sich alle Jugendrotkreuz- und Schulsanitätsdienstgruppen einbringen dürften. „Auch ihr dürft euch da beteiligen, wenn ihr wollt“, meinte er. Erstmals geplant sei heuer ein Schulsanitätsdienst-Workshop beim Kreisverband Cham.
„Ihr habt einiges vor euch, das ihr nutzen könnt. Bleibt dabei, baut darauf auf, ihr könnt nur davon profitieren. Ihr lernt bei all dem fürs ganze Leben und nicht nur für die Schule“, sagte Winkler.
BRK-Rettungsdienstleiter Dominik Lommer – drei seiner vier Kinder besuchten bisher die Leonhard-Stettner-Grundschule – gratulierte den jungen Sanitätern „zum Einstieg in den Bereich des Rettungsdienstes“, der definitiv mit dem Ersthelfer beginne.
„Das ist der Allerwichtigste in der ganzen Kette“, erläuterte er und verwies auf die Zeitspanne von der Alarmierung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte. „In zehn Minuten kann schon einiges passiert sein, wenn jemand stark blutet oder wiederbelebt werden muss“, verdeutlichte Lommer.
Ein Appell an die Schüler, mutig zu sein
An die Drittklässler richtete er den Appell, sich das immer zu Herzen zu nehmen und nicht wegzuschauen. „Egal wo und egal wann: Fasst den Mut, den Erste-Hilfe-Kasten zu nehmen und zu sagen: Ich kann das, ich mache das, ich habe das gelernt und will etwas dazu beitragen, dass es der- oder demjenigen wieder besser geht.“
Elternbeiratsvorsitzender Frank Betthausen hieb in die gleiche Kerbe: „Ich bin wirklich stolz auf euch, weil ihr so mutig wart, hier mitzumachen. Auch Kinder können schon helfen – viel mehr, als man immer meint. Ich finde es total wichtig, euch so etwas zuzutrauen. Ihr könnt etwas! Ihr seid richtig stark“, meinte er. In einer Zeit, in der viele Menschen lieber wegschauten als entschlossen einzuschreiten, machten die Schüler aus Wilting das genaue Gegenteil.
Schulleiterin Cornelia Kiener richtete ebenfalls lobende Worte an ihre „fleißigen Schulsanitäter“. In besonderer Weise dankte sie der Gemeinde Traitsching als Sachaufwandsträger für die Übernahme der Lehrgangskosten.
Wissen, das immer abrufbar ist
Für Bürgermeister Sepp Marchl eine Selbstverständlichkeit, wie er bekräftigte. Die Kommune habe die Ausbildung der Kinder gerne unterstützt. „Gerade, weil es nach Corona so schwierig war, die Jugendarbeit wieder auf die Beine zu stellen.“
Das treffe nicht nur das Rote Kreuz, sondern alle Vereine im Umland. „Gott sei Dank ist es gelungen, das wieder zu fördern und in andere Bahnen zu lenken“, meinte Marchl. Und so befand das Gemeindeoberhaupt: „Das Geld ist nirgendwo besser angelegt als in der Jugendarbeit und bei den Kindern. Denn sie lernen für die Zukunft und fürs Leben.“
Das Wissen, das sich die Mädchen und Jungen bei Helene Filimon angeeignet hätten, sei ab sofort immer abrufbar. Die Kinder könnten es überall anwenden – am Fußballplatz und in der Schule genauso wie zu Hause. „Damit rettet man unter Umständen Leben und man hilft Menschen. Und was kann man Besseres machen, als den Menschen zu helfen?“, fragte Marchl.
BRK-Referatsleiter Stefan Raab, der mit seiner Mitarbeiterin Katrin Zollner zur Übergabe der Zertifikate nach Wilting gekommen war, verwies abschließend darauf, dass die Mädchen und Jungen in rund eineinhalb Jahren auch an den weiterführenden Schulen auf ihr Können zurückgreifen könnten. „Wir haben mittlerweile im Landkreis flächendeckend einen Schulsanitätsdienst“, erklärte er.
Das sagen einige der Schulsanitäter
Lisa Gammer, Paula Wittmann, Lena König und Helena Bierl: „Uns hat es besonders gefallen, einen Kopfverband anzulegen.“
Jakob Fischer, Lorenz Hausladen, Maximilian Möckl und David Cuzincu: „Uns hat es besonders Spaß gemacht, die stabile Seitenlage zu üben.“ Maximilian berichtete, er sei auch Schulsanitäter geworden, um seinen Geschwistern helfen zu können, wenn etwas passiere.
Moritz Betthausen: „Das waren die besten drei Donnerstage, die ich je erlebt habe. Es war kurz, aber schön."