Theo Zellner: „Das ist ein Gegenentwurf zur Null-Bock-Mentalität“
Das BRK Cham und die Schule in Neukirchen beim Heiligen Blut kooperieren beim Schulsanitätsdienst. Es ist der 25. seiner Art im Landkreis Cham. „Ich bin total stolz auf euch – und ihr könnt auch so richtig stolz auf euch sein“, sagte Schulleiterin Julia Macharowksy bei der Vertragsunterzeichnung an die Adresse der jungen Ersthelfer. Bürgermeister Markus Müller zeigte an einem aktuellen Fall auf, wie engagiertes Eingreifen Leben retten kann.
Von Frank Betthausen
Neukirchen. b. Hl. Blut. Während ihre Mitschüler bei brütender Hitze im Freibad oder am Badesee Abkühlung suchten, drückten sie freiwillig weiter die Schulbank: Neun Achtklässler haben sich an der Grund- und Mittelschule Neukirchen b. Hl. Blut zu Schulsanitätern ausbilden lassen. Sie werden ihren Mitschülern damit ab sofort bei Verletzungen oder in Notlagen zur Seite stehen können.
Um dem Ganzen einen offiziellen Rahmen zu geben, unterzeichneten Schulleiterin Julia Macharowksy und BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner vor wenigen Tagen einen Kooperationsvertrag zwischen der Bildungsstätte im Hohenbogenwinkel und dem Kreisverband Cham. Die Neukirchner Schule ist die 25. im Landkreis, die von einem Schulsanitätsdienst des Jugendrotkreuzes betreut wird.
Sachverstand und viel Herzblut
„Ich bin total stolz auf euch – und ihr könnt auch so richtig stolz auf euch sein“, sagte Macharowksy bei dem Termin an die Adresse der Schüler von Klassenleiter Martin Mardjonovic. Lobende Worte fand sie in Anwesenheit von Elternbeiratsvorsitzender Christine Rickl und BRK-Bereichsvorsitzender Dr. Christina von Reinhardstoettner nicht zuletzt für Tobias Storm aus dem Erste-Hilfe-Team des BRK. Er sei ein „super Ausbilder“, der dafür gesorgt habe, dass die Jugendlichen mit Sachverstand und sachgerecht helfen könnten – „und nicht nur mit viel Herzblut“.
Storm hatte im Herbst bereits Macharowksys Kollegium fortgebildet. „Es war fantastisch, wie er das macht, die Leute fürs Helfen zu begeistern. Und ich finde es total toll, dass ihr euch so begeistern lasst und mit viel Ernsthaftigkeit und Freude an dem Projekt teilnehmt“, dankte die Schulleiterin den neuen Sanitätern des Jugendrotkreuzes.
Theo Zellner reagierte begeistert auf die Tatsache, dass die Jugendlichen ihre Ausbildung außerhalb des Lehrplans und der normalen Schulstunden absolviert hätten. „Für die Schulgemeinschaft ist das etwas Wichtiges. Das Aufgabenspektrum ist breit. Es gibt immer wieder Gefahrenquellen, wo man schnell eingreifen muss“, betonte der langjährige BRK-Präsident.
Erziehung zur Menschlichkeit
Sich diese verantwortungsvolle Aufgabe in der achten Klasse zuzutrauen, sei aller Ehren wert, erklärte Zellner, der im Engagement der Jugendlichen „einen Gegenentwurf zur Null-Bock-Mentalität“ sah, die heutzutage nicht selten anzutreffen sei.
Um den Sanitätern die Bedeutung ihrer Arbeit vor Augen zu führen, zitierte der frühere Landrat aus dem Kooperationsvertrag mit dem BRK. Ziele der Zusammenarbeit seien die Stärkung des Selbstbewusstseins der Schüler, die Erziehung zur Menschlichkeit sowie die aktive Übernahme einer sozialen Verantwortung.
Das Rüstzeug dafür hätten die Jugendlichen bei Tobias Storm erhalten. Denn: Es reicht nicht, wenn man nur helfen will, man muss es auch können“, sagte Zellner. Am Ende seiner Rede appellierte der Kreisvorsitzende an die Gruppe, sich auch künftig ehrenamtlich beim Roten Kreuz zu engagieren. „Wir können euch brauchen – dringend brauchen!“, meinte er.
„Von dem lebt die Gesellschaft“
Bürgermeister Markus Müller strich ebenfalls den freiwilligen Einsatz der jungen Leute heraus. „Von dem lebt die Gesellschaft, das braucht die Gesellschaft unbedingt!“, betonte er. Allerdings seien längst nicht mehr alle dazu willens und in der Folge auch in der Lage. „Ihr seid ein gutes Beispiel, wie man das anders, wie man das besser machen kann“, meinte Müller, der den Schülern eine gehörige Portion Mumm attestierte. „Nur zu warten, dass vielleicht jemand anders das macht, ist im Zweifel zu wenig.“
Wie wichtig es sei, zu helfen, untermauerte er mit einem Fall, der sich kürzlich in seinem Markt nach einer Kultur-im-Schloss-Veranstaltung zugetragen hatte. Gegen 22 Uhr hatte ein älterer Herr in der Nähe des Rathauses beim Autofahren einen Herzinfarkt erlitten.
Martin Fischer, der Leiter der Bergwacht-Bereitschaft Neukirchen b. Hl. Blut, der die Vertragsunterzeichnung an der Schule begleitete, und ein Feuerwehrmann kamen damals hinzu. Mit einem weiteren Konzertbesucher versorgten die beiden zusammen mit Markus Müller den bewusstlosen Senior. Dabei kam der Defibrillator zum Einsatz, den der Bürgermeister privat in seinem Auto mitführt.
Hätte niemand geholfen, wäre er gestorben
Über Herzdruck-Massage gelang es den Ersthelfern, den Mann am Leben zu halten, bis der Notarzt und der Rettungsdienst eintrafen. Im Moment befindet sich der Betroffene auf Reha. „Er hat es geschafft. Hätte niemand geholfen, wäre der Mann mit Sicherheit dort gestorben“, zeigte Müller auf.
Thomas Winkler, Leiter der Jugendarbeit beim BRK-Kreisverband Cham, reagierte wie alle anderen Gäste mit großer Anerkennung auf die Leistung der Beteiligten an dem Konzertabend. Beim Termin an der Schule, den das Hausmeister-Ehepaar Claudia und Manfred Hornig mit vorbereitet hatte, überreichte er den dortigen Ersthelfern als Startpaket je zwei Warnwesten und Notfall-Taschen.
Winkler lobte die Jugendlichen für ihr Engagement und zeigte ihnen die vielfältigen Möglichkeiten auf, sich beim Jugendrotkreuz zu betätigen. „Bleibt bei der Stange beim Roten Kreuz – wir sind sehr vielfältig“, sagte er. Und: „Der 26. Schulsanitätsdienst kommt bestimmt!“