Von Frank Betthausen
Cham. Wenn sie in der Stadt alte Bekannte aus der Seniorengymnastik trifft – Teilnehmer von früher, die ihr erzählen, wie sehr sie das BRK-Angebot vermissen –, wird Gretl Amann wehmütig. „Das war wie eine Familie. Es war eine superschöne Zeit“, sagt die Chamerin, die sich jahrelang als Stellvertreterin von Übungsleiterin Renate Heunisch bei den „Sportstunden“ in der Kreisstadt und in Wilting engagiert hatte.
Über viele Jahre hinweg gehörten die Treffen, die unter der Leitung von Maria Schneider heute nur mehr in Roding stattfinden, fest zum Wochenprogramm vieler Senioren. Dann nahm Corona dem Ganzen den Schwung – und nach einem Versuch, die Gymnastikrunden zu neuem Leben zu erwecken, musste Heunisch aus persönlichen Gründen aufhören. Seitdem liegt das Angebot in Cham und Wilting brach.
„Wir haben alles Mögliche versucht“, sagt BRK-Referatsleiter Stefan Raab, der darauf hofft, über den Schritt an die Öffentlichkeit „vielleicht doch jemanden zu finden, der in die Fußstapfen von Renate Heunisch tritt“. Die Chamerin jedenfalls bietet „schon heute gerne“ an, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin einzuweisen.
Eine eingeschworene Gruppe
18 Jahre lang hatte sie die Position der Übungsleiterin inne. 2004 war sie zur Gruppe und zum BRK gestoßen und hatte Gisela Ernst in ihrem Ehrenamt an der Spitze beerbt. Deren Vorgängerin wiederum war Maria Sturm gewesen.
Die gelernte Physiotherapeutin, die bei der Volkshochschule parallel 25 Jahre lang Beckenbodengymnastik unterrichtete, war damals in Erwerbsminderungsrente gegangen und „wollte noch etwas machen in ihrer Freizeit“.
So entwickelten sich nicht nur abwechslungsreiche Gymnastik-Nachmittage, sondern auch eine „eine eingeschworene Gruppe“, wie es Raab formuliert, und enge Freundschaften. Mit ihrer weiteren Stellvertreterin Waltraud Simon fuhr Heunisch mehr als einmal in den Urlaub…
Raab bezeichnet die Wiltingerin als „die gute Seele im Hintergrund“. Simon habe den Übungsleiterinnen immer mit großem Engagement zugearbeitet und sei als Springerin und Vertretung schon in den Zeiten von Gisela Ernst im Einsatz gewesen. Auch auf Maria Schneider sei immer Verlass gewesen, wenn es gegolten habe, Renate Heunisch zu entlasten.
„Das Gesamtkonzept hat einfach gepasst bei euch. Einer war immer für den anderen da – weit über den Rahmen dessen hinaus, was wir eigentlich angeboten haben“, betont der Referatsleiter.
Alles auf freiwilliger Basis
„Das Schöne und Positive“ an den Zusammenkünften war laut Heunisch, dass alles auf freiwilliger Basis stattfand. Eine Übungseinheit dauerte 45 Minuten. Wer daran teilnahm, entrichtete einen Obolus von 1,50 Euro. „Das war ein enormer Vorteil, dass es keinen Vereinscharakter hatte und keine feste Mitgliedschaft gebraucht hat. Die Seniorengymnastik, wie wir sie gemacht haben, gab es in dieser Form sonst nirgends“, sagt Heunisch.
Überhaupt nahmen sie und ihre Unterstützerinnen bei allem große Rücksicht auf ihre zum Teil betagten Teilnehmer. „Es hat jeder so viel mitgemacht, wie er konnte – in dem Rhythmus, in dem er konnte. Die Übungen mussten nicht perfekt ausgeführt werden“, erzählt die Chamerin. Und Waldtraud Simon ergänzt: „Das Training war ganzheitlich.“
Zur Gesundheitsprävention kamen der soziale und der psychische Aspekt. „Die Treffen haben den Leuten gutgetan. Man ist mit den Teilnehmern durchs ganze Jahr gegangen wie eine große Familie“, berichtet Stefan Raab. Ja, es sei immer „ein großes Hallo“ gewesen, fügt Gretl Amann an. „Es war fördernd fürs ganze Leben.“
Zu diesem Gefühl trugen in besonderer Weise die Unternehmungen außerhalb der Gymnastikstunden bei – die Ganztages- und Theaterfahrten oder die Treffen bei Musik und Tanz.
Spenden für gemeinnützige Projekte
Aus diesem Gemeinschaftsgefühl heraus dachten die Teilnehmer immer auch an andere. Regelmäßig unterstützten sie mit Spenden – teils kamen bis zu 800 Euro zusammen – am Ende eines Turnjahres gemeinnützige Aktionen und Projekte.
Ob es gelingt, die Treffen wieder aufleben zu lassen? „Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben“, meint Stefan Raab. Zumal auch er bis heute erlebt, was die Gymnastik-Angebote den Menschen bedeuteten.
Der BRK-Mitarbeiter ist wöchentlich im Seniorenwohn- und Pflegeheim in Wilting zu Besuch. Wie Gretl Amann bei ihren Abstechern in die Stadt wird er in der Einrichtung oft von früheren Teilnehmern angesprochen. „Wenn wir nicht so lang an den Übungseinheiten teilgenommen hätten, wären wir nicht so gut beieinander“, berichten sie ihm.
Sollte jemand Interesse haben, die Arbeit von Renate Heunisch in Cham und Wilting fortzusetzen, kann er sich unter der Telefonnummer (09971) 8500-5201 an Stefan Raab wenden.
Ehrungen für langjährigen Dienst
- Urkunden: Bei einem Treffen vor dem Jahreswechsel überreichte Referatsleiter Stefan Raab zwei Aktiven der Seniorengymnastik Urkunden für ihr langjähriges Wirken beim Roten Kreuz.
- Auszeichnungsspange: Die stellvertretende Übungsleiterin Gretl Amann erhielt nachträglich die Auszeichnungsspange für 60 Dienstjahre. Die Chamerin war 1962 dem Bayerischen Roten Kreuz beigetreten.
- Erinnerungsworte: Übungsleiterin Renate Heunisch nahm „für treue Dienste über 20 Jahre hinweg“ ebenfalls eine Auszeichnungsspange entgegen. Amann gab ihr außerdem emotionale Dankes- und Erinnerungsworte zur gemeinsamen Zeit und ein Präsent mit auf den Weg.