50 Fremdarbeitsstunden stehen rund 900 Stunden Eigenleistung gegenüber

Die neue Wachstation der Wasserwacht Waldmünchen erhielt den kirchlichen Segen. Dass die Räumlichkeiten am Perlsee nach dem verheerenden Feuer vor vier Jahren in dieser Form wieder aufgebaut werden konnte, nötigte den Festrednern größten Respekt vor dem Engagement der Aktiven ab. „Da noch einmal den Mut zu finden und zu sagen ‚Wir packen es trotzdem', sich da neu aufzuraffen – das ist der eigentliche Moment einer solchen Stunde“, sagte BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner.

Von Frank Betthausen

Waldmünchen. Andreas Dietl zog die Sprichwort-Schublade weit auf, um seine Freude über den besonderen Anlass zum Ausdruck zu bringen. „Gut Ding braucht Weile“, meinte der Vorsitzende der Wasserwacht-Ortsgruppe Waldmünchen am Freitag in seiner Rede zur Einweihung der neuen, rund 140 000 Euro teuren Wachstation am Perlsee. Sie war 2023 nach rund drei Monaten Bau- und Einrichtungszeit kurz vor dem Seefest in Betrieb gegangen.

„Der BRK-Kreisverband, die Vorstandschaft der Wasserwacht und die Stadt waren nach dem Brand im regen Austausch, um gemeinsam eine optimale Lösung für die Unterkunft zu finden.“ Ortsgruppen-Vorsitzender Andreas Dietl

Die vorherigen Räumlichkeiten waren in der Silvesternacht 2019/2020 bei einem verheerenden Feuer zerstört worden.

Bis Ende des Jahres 2022, zeigte Dietl auf, seien der BRK-Kreisverband Cham, die Vorstandschaft der Wasserwacht und die Stadt nach dem Brand im regen Austausch gewesen, „um gemeinsam eine optimale Lösung für die Unterkunft zu finden“.

Dass sie in dieser Form entstehen konnte, war der großen Entschlossenheit, dem Einsatzwillen und den beeindruckenden freiwilligen Leistungen der Waldmünchner Wasserretter zu verdanken. Darauf und auf die Rolle des Ehrenamts wiesen alle Redner bei der Feierstunde hin, bei der Stadtpfarrer Wolfgang Häupl dem Gebäude den kirchlichen Segen gab.

Ein städtisches Grundstück

„Da noch einmal den Mut zu finden und zu sagen ‚Wir packen es trotzdem, wir müssen wieder etwas tun, wir lassen es nicht einfach liegen', sich da neu aufzuraffen – das ist der eigentliche Moment einer solchen Stunde“, sagte BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner über das Engagement der Aktiven nach den Schreckensereignissen vor rund viereinhalb Jahren.

Die Tatsache, dass die Mitglieder beim Wiederaufbau – die Wachstation setzt sich aus Containern zusammen und steht auf einem städtischen Grundstück neben der Perlseewirtschaft – rund 900 Stunden an Eigenleistung erbrachten, beeindruckte den früheren BRK-Präsidenten extrem. Erst recht, weil dieser Zahl am Ende nur 50 Fremdarbeitsstunden gegenüberstanden.

„Das kann man in Geld gar nicht aufmessen, was die Einzelnen hier erbringen und leisten“, meinte Zellner – auch mit Blick auf den generellen Einsatz der Mitglieder für die Allgemeinheit. „Wir definieren uns über das Ehrenamt – anders ist es nicht denkbar“, betonte der Kreisvorsitzende. Was hier in Waldmünchen passiere, sei der Gegenentwurf zur Gleichgültigkeit, die sich bedauerlicherweise immer mehr in der Gesellschaft breit mache.

„Die Wasserwacht Waldmünchen ist eine feste Größe im Sicherheitsnetz der Region“, meinte der frühere Landrat. An einem Platz, der mit dem Erlebnisraum Perlsee nicht unbedeutend sei für den Landkreis! Wer hierher komme und sein Freizeitleben genieße, der wisse: Im Fall des Falles sei mit der Wasserwacht immer jemand da, der dafür sorge, dass den Menschen möglichst schnell Hilfe zukomme.

Wie Zellner hob Bundestagsabgeordnete Martina Englhardt-Kopf die Motivation und Leidenschaft der Wasserwacht-Familie hervor. „Hier sieht man, was Ehrenamt alles leistet“, sagte die CSU-Politikerin. „Es sind diese Netzwerke, die uns, die Gesellschaft und die Bürgerschaft stärken. Es ist das bürgerschaftliche Engagement, das wir dringend brauchen. Genauso wie den Zusammenhalt, der hier gefördert wird“, erklärte sie.

Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen

Englhardt-Kopf dankte allen Ehrenamtlern in der Wasserwacht, „aber auch darüber hinaus, für ihre wertvolle Arbeit“. Sie täten weit mehr, als es die Pflicht erfordere. Die Arbeitsleistung der Aktiven rund um den Neubau sei unschätzbar wertvoll gewesen. „Jeder von Ihnen hat in seiner Freizeit einen Mehrwert für die Bürgerschaft und das Allgemeinwohl geschaffen“, betonte die Abgeordnete.

3. Bürgermeister Wolfgang Kürzinger erinnerte an die jahrzehntelange Geschichte der Wachstation am Perlsee – „eine Geschichte mit Höhen und Tiefen“, wie er sagte. Entstanden sei die Unterkunft in den 60er Jahren mit einem kleinen, 25 Quadratmeter großen Raum, der in der Ära von Ortsgruppen-Vorsitzendem Siegfried Wagner auf mehr als 120 Quadratmeter ausgebaut worden sei.

Immer wieder hätten die Mitglieder hunderte ehrenamtliche Stunden für Sanierungsarbeiten investiert – bis zum Drama in der Silvesternacht vor vier Jahren. „Dann den Kopf nicht in den Sand zu stecken und zu sagen ‚Wir bauen das wieder auf!', ist beeindruckend“, sagte der Lokalpolitiker, dem auch der Umstand imponierte, dass rund 100 der mehr als 500 Mitglieder Jugendliche seien.

„Das ist auch das Erfolgsgeheimnis der Wasserwacht: Hast du eine Jugend, hast du eine Zukunft, hast du keine Jugend, hast du keine Zukunft“, meinte er.

„Was da mit Petrus geschehen ist, das ist auch der Dienst der Wasserwacht: Menschen, die untergehen, zu retten. Menschen, die in Not geraten, zu helfen.“ Stadtpfarrer Wolfgang Häupl

Den Verantwortlichen dankte er im Namen der Stadt für ihren Einsatz bei der Nachwuchsarbeit.

Stadtpfarrer Wolfgang Häupl las vor der Segnung aus dem Markus-Evangelium und rief den Anwesenden die Bibelstelle in Erinnerung, an der Petrus auf dem See Genezareth das Boot der Jünger verlässt, um auf dem Wasser auf Jesus zuzugehen – bis ihn wegen des starken Sturms der Mut verlässt. Er droht zu versinken und ruft um Hilfe. Jesus reicht ihm die Hand und ermöglicht es ihm, sicher ins Boot zurückzukehren.

Die Parallelen zum Markus-Evangelium

„Was da mit Petrus geschehen ist, das ist auch der Dienst der Wasserwacht: Menschen, die untergehen, zu retten. Menschen, die in Not geraten, zu helfen“, meinte Häupl. Er sei dankbar dafür, dass es die Wachstation am Perlsee gebe und dass sie gerade an den Wochenenden besetzt sei. „Ich danke allen, die sich bereiterklären, hier mitzuwirken“, sagte der Geistliche, ehe er Gottes Segen auf alle Aktiven und alle am Bau Beteiligten herabrief.

Anerkennende Worte für seine „fleißigen Helfer“, die 2023 von Mitte März bis Mitte Juni „fast täglich zu den von uns aufgerufenen Arbeitseinsätzen gekommen sind“, fand auch Andreas Dietl. Für die finanzielle Unterstützung beim Wiederaufbau richtete er einen großen Dank an die Stadt Waldmünchen, den Landkreis Cham und den BRK-Kreisverband.

„Ohne diese Mittel, mit denen ihr uns kräftig unter die Arme gegriffen habt, wäre eine Umsetzung der Wachstation, wie sie jetzt hier steht, nicht möglich gewesen“, erklärte er.

Ein Extralob richtete er an Bauunternehmer Siegfried Wagner, der seiner Wasserwacht über viereinhalb Jahre hinweg mit Rat und Tat zur Seite gestanden, sich um die Bauplanerstellung sowie die Baumaterialbeschaffung gekümmert und jederzeit Maschinen und Geräte zur Verfügung gestellt habe.

Seine Rede nutzte der Ortsgruppenvorsitzende außerdem, um Details zum Einsatz der Wasserwacht an dem beliebten Gewässer zu erläutern.

„Viele Waldmünchner fragen sich, ob denn die Inseln wieder in den Perlsee kommen und ob es wieder ein Strandbad wie vorher wird. Diese Aussagen müssen wir leider verneinen“, verdeutlichte Dietl. Mit der Wachstation nehme die Wasserwacht zwar wieder ihren Dienst auf. Mit der Situation am Strandbad habe das aber nichts zu tun.

Auch wenn seine Mannschaft natürlich für die Sicherheit der Gäste sorgen werde. Das Gebäude werde künftig an den Wochenenden zwischen Pfingsten und Mitte August nachmittags besetzt sein, sobald es die Witterung und das Besucher-Aufkommen am See erforderlich machten.

Die Station stehe dann – wie das Boot am Ufer – für Erstversorgungen und sonstige medizinische Notfälle zur Verfügung. Dabei werde das Gebäude, falls benötigt, gerne auch anderen Hilfsorganisationen bei einem Einsatz überlassen, erläuterte Dietl.

Nach dem Ende des offiziellen Teils ließen es sich die Waldmünchner Wasserretter und ihre Gäste am Freitag bei Getränken und einem kalten Büfett gutgehen.