„Es braucht ein Gefühl der Sicherheit in der Bevölkerung, es braucht moderne Ausstattung. Und wir müssen uns dem stellen. Wir als BRK sowieso, aber natürlich immer auch in der Gemeinschaft mit den anderen Organisationen“, forderte Kreisvorsitzender Theo Zellner am Samstag ein entschlossenes Eintreten für den Zivil- und den Katastrophenschutz. In Furth im Wald ließ das BRK bei einer Feierstunde im Rettungszentrum einen Mannschaftstransporter samt Spezialanhänger und einen Krankentransportwagen des Bundes segnen.
Von Frank Betthausen
Furth im Wald. Theo Zellner sprach „von den Folgen einer Friedenseuphorie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989“: Nach Jahren, in denen dem Thema Katastrophenschutz auf Bundesebene nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt worden sei, brauche es dringend ein Umdenken, forderte der BRK-Kreisvorsitzende bei einer Feierstunde im Rettungszentrum in Furth im Wald. Der BRK-Kreisverband Cham ließ dort am Samstag zwei Fahrzeuge segnen.
„Die genauen Gefahren kennen wir nicht, aber bestmöglich vorbereitet zu sein – das ist die andere Sache. Und da wissen wir uns in der Region in allerbesten Händen.“
Landrat Franz Löffler
Mit den Investitionen, einem vom Freistaat Bayern finanzierten Mannschaftstransportwagen CBRN(E) samt Gerätehänger für die Heißwasserdampf-Desinfektion und einem vom Bund beschafften Krankentransportwagen Typ B für den Zivilschutz, erfahren die Katastrophenschutz-Einheiten in der Region eine kräftige Aufwertung.
Gleichzeitig nutzten die Rot-Kreuz-Verantwortlichen den festlichen Anlass dazu, 17 Freiwillige zu ehren, die vor drei Jahren nach der verheerenden Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal im Einsatz gewesen waren. Sie erhielten aus den Händen von Landrat Franz Löffler und Theo Zellner die rheinland-pfälzische Fluthilfemedaille 2021.
Vor der Auszeichnung und der Fahrzeug-Segnung durch Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl und den evangelischen Geistlichen Michael Rummel beschäftigte sich der langjährige BRK-Präsident mit der seit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts immer wieder zitierten Zeitenwende.
Die Pandemie und der Krieg in Europa
„Es braucht ein Gefühl der Sicherheit in der Bevölkerung, es braucht moderne Ausstattung. Und wir müssen uns dem stellen. Wir als BRK sowieso, aber natürlich immer auch in der Gemeinschaft mit den anderen Organisationen“, forderte Zellner ein entschlossenes Eintreten für den Zivil- und den Katastrophenschutz, für den seit Jahren immer wieder um Mittel gerungen werden müsse.
Die Pandemie und der Krieg in Europa hätten Staaten und Gesellschaften vor besondere Situationen gestellt. „Die Zeitenwende ist nicht etwas, was allein das Militär betrifft, sondern auch uns im Zivil- und Katastrophenschutz“, meinte der frühere Landrat. „Ich bin sehr froh darüber, dass man mit der Anschaffung solcher Fahrzeuge auf Bundesebene erkennt, wie notwendig das ist.“
Zellner skizzierte dabei so etwas wie die Idealvorstellung aus Sicht der Hilfsorganisationen. Sie stellten die Menschen, die leidenschaftlich bei der Sache seien und viel mehr leisteten, als es ihre Pflicht sei.
Die Rolle der Behörden
„Das Material dazu muss aber von den staatlichen Behörden kommen“, befand der Kreisvorsitzende, der den Verantwortlichen der zuständigen Rot-Kreuz-Einheiten, Fritz Korherr für die Bereitschaft Furth im Wald und Patrick Schwarz für die Schnelleinsatzgruppe CBRN(E), die Schlüssel für die neuen Fahrzeuge übergab.
Während der Krankentransportwagen in der Drachenstich-Stadt stationiert sein wird, hat der Mannschaftstransporter – CBRN(E) steht für chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren sowie explosive Stoffe – seinen Standort am Rettungszentrum in der Chamer Tiergartenstraße.
Auf die genannten Bedrohungslagen und aktuelle Sicherheitsfragen ging auch Landrat Franz Löffler ein. Die Zeiten seien sehr bewegt. „Da tut es gut, dass Bund und Länder Verantwortung übernehmen und einen ganz wesentlichen Teil durch solche Sondereinsatzmittel anschaffen und zur Verfügung stellen“, meinte das Landkreis-Oberhaupt.
Ehrenamtlich, aber hochprofessionell
Diese Mittel seien jedoch nur etwas wert, wenn es Kräfte gebe, die sich – „zumeist auf ehrenamtlicher Basis, aber dennoch hochprofessionell“ – mit Einsatzlagen auseinandersetzten.
„Das ist der Wert, der Kern dieses ganzen Systems! Die genauen Gefahren kennen wir nicht, aber bestmöglich vorbereitet zu sein – das ist die andere Sache. Und da wissen wir uns in der Region in allerbesten Händen“, betonte Löffler und dankte dem BRK sowie anderen Hilfsorganisationen wie der Feuerwehr oder dem THW für die Solidarität und das Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Wir haben in punkto Sicherheit tatsächlich eine relativ stabile Situation. Auch deswegen, weil wir gut organisiert sind“, meinte der CSU-Politiker mit Blick auf die Region und „die gute Vereinbarkeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen“. Wenngleich er nachdenklich anmerkte, dass die Gesellschaft seit 2020 und dem Ausbruch der Pandemie gemerkt habe, dass längst nicht alles so selbstverständlich sei, wie gerne angenommen.
„Das hat sich keiner ausmalen können, was das für eine Dimension annimmt. Ich habe mir das nie vorstellen können, dass ein Katastrophenfall Wochen und Monate andauert“, sagte der Landrat, der Theo Zellner für die beiden neuen Fahrzeuge Rosenkränze aus Neukirchen b. Hl. Blut als symbolische Schutzgegenstände überreichte.
Gottes Schutz für alle, die mit dem Krankentransport- und dem Mannschaftstransportwagen unterwegs sind, erbaten Karl-Heinz Seidl und Michael Rummel. „Jeder Einsatz ist ein Aufbruch, ein Aufbruch ins Ungewisse. So routiniert die Mitarbeiter im Rettungsdienst, die Notärzte und die Feuerwehren auch sind: Was sie erwartet, wissen sie nicht“, sagte Seidl in seinen Segensgedanken.
Immer wieder neue Herausforderungen
Immer wieder seien sie mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Da brauche es neben aller Routine Mut, gute Vorbereitung, gutes Material und Fahrzeuge – und es brauche Gottvertrauen. „Eure Einsätze sind ganz im Sinne Jesu, eure Einsätze sind Werke der Barmherzigkeit, dienen dem Leben und dem Lebensschutz. Das ist wahre Diakonie“, sagte der Further Stadtpfarrer.
Martin Ibrom, der BRK-Katastrophenschutzbeauftragte der Landesgeschäftsstelle in München, würdigte das ehren- und hauptamtliche Engagement innerhalb der Rot-Kreuz-Familie, aber auch das Zusammenwirken mit den anderen Organisationen vor Ort. All das geschehe immer unter der Devise „Hinlangen, nicht wegschauen, mitmachen, sich Gefahren stellen!“.
In fordernden Pandemie-Zeiten, beim Hochwasser-Einsatz im Ahrtal und bei anderen Herausforderungen hätten sich die BRK-Aktiven Standfestigkeit bewahrt und den Blick immer vorausgeworfen. Die in Furth im Wald gesegneten Fahrzeuge gäben dem Roten Kreuz neue Möglichkeiten, „Gefahren zu begegnen und adäquat Hilfe zu leisten“.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
An die Politik – zu der Feierstunde waren die Bundestagsabgeordnete Martina Englhardt-Kopf (CSU) sowie die Landtagsabgeordneten Gerhard Hopp (CSU) und Julian Preidl (Freie Wähler) erschienen – appellierte Ibrom, weiter gemeinsam an Netzwerken zu stricken. In den Blaulicht-Organisationen fänden sich jede Menge Experten und Expertise.
BRK-Katastrophenschutzleiter Tobias Muhr stellte das Miteinander der Blautlicht-Familie heraus. „Der Katastrophenschutz – das ist nicht ein Haus. Das ist nicht eine Organisation und das ist nicht eine Einsatzeinheit“, erklärte er. Im Sinne des Gesetzes sei er die Zusammenarbeit aller Organisationen, die unter der Koordination der Kreisverwaltungsbehörde zur Hilfe verpflichtet, aber auch zur Hilfe bereit seien. Und genau so werde es im Landkreis gelebt.
„All das geschieht auf Augenhöhe. Das ist nicht nur partnerschaftlich, das ist freundschaftlich. Wir können in Summe sagen: Wir haben im Landkreis Cham einen schlagkräftigen, innovativen Katastrophenschutz, der für unsere Bevölkerung ein Garant für Sicherheit ist“, befand Muhr.
Der Politik gab er zwei Bitten mit auf den Weg. Einmal die, „das Thema Helferfreistellung im Bereich der Aus- und Fortbildung nicht aus den Augen zu verlieren“. Die Fahrzeuge würden immer größer und moderner, die Ausstattung werde immer anspruchsvoller. „Deswegen dürfen wir unsere Helfer niemals vergessen. Unsere Kräfte müssen ausrücken und das Ganze betreiben können. Wir wollen für unseren Landkreis, aber auch überörtlich, mit unseren Ehrenamtlichen auf höchstem Niveau weiterarbeiten können“, erklärte der Katastrophenschutzleiter.
„Wir haben keine Stellplätze in dieser Größenordnung. Wir müssen uns dringend darum kümmern, dass auch Unterkünfte und Hallen finanzierbar sind, damit wir diese Fahrzeuge im Landkreis unterbringen.“
BRK-Katastrophenschutzleiter Tobias Muhr
Muhrs zweites Anliegen: die Hilfsorganisationen in Infrastrukturfragen nicht zu vergessen. Der Bund werde in den nächsten Jahren eine Reihe an Zivilschutzfahrzeugen ausliefern – darunter immer häufiger Großfahrzeuge ab 18 Tonnen. „Wir haben keine Stellplätze in dieser Größenordnung. Wir müssen uns dringend darum kümmern, dass auch Unterkünfte und Hallen finanzierbar sind, damit wir diese Fahrzeuge im Landkreis unterbringen“, meinte Muhr.
Ehe es für die Ehrengäste und Angehörigen der beteiligten Rot-Kreuz-Einheiten ein vom BRK-Betreuungsdienst zubereitetes Weißwurstfrühstück gab, bekundeten Theo Zellner und Franz Löffler den Fluthelfern des Kreisverbands ihren Respekt, die 2021 „in selbstloser, mutiger Weise“ im Ahrtal gefordert gewesen seien.
Verspätet, aber bei einem würdigen Anlass
Die Ehrungen fanden zwar verspätet statt, allerdings habe das BRK „einen würdigen Anlass wie den in Furth im Wald“ dafür finden wollen, erläuterte Muhr.
So freuten sich 17 Aktive – nicht alle waren am Samstag anwesend – über die rheinland-pfälzische „Fluthilfemedaille 2021“ und eine von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Michael Ebling unterzeichnete Urkunde.
Die Geehrten, die über Bayerns Innenminister Joachim Herrmann außerdem eine BRK-Hochwassernadel erhielten, waren Erich Müller, Maria Gmach, Andreas Liebert, Florian Scherr, Markus Hausladen, Michael Wagner, Manuel Mainka, Patrick Schwarz, Claudia Schönberger, Matthias Heimann, Tobias Muhr, Anita Freimuth-Zangl, Joseph Kraus, Siegfried Iglhaut, Sophia Fischer, Michael Hilpl und Katrin Zollner.
Hintergrund: Die neuen Fahrzeuge beim BRK Cham
Mannschaftstransportwagen CBRN(E): Das Fahrzeug war aus Mitteln des Freistaates Bayern beschafft und dem BRK Cham im Mai 2023 durch Innenminister Joachim Herrmann übergeben worden. Den Projekt-MTW im Wert von etwa 80 000 Euro hatte Tobias Muhr in seiner Funktion als Landesfachdienstleiter im Innenministerium über eine Schutzziel-Strategie für Bayern vorgestellt. Zwei dieser Pilotfahrzeuge wurden damals ausgeliefert – eines nach Cham. Der zweite Neunsitzer – Hersteller ist die Firma MAN – rollte an seinen Standort beim BRK-Kreisverband Haßberge in Unterfranken.
Mit dem Mannschaftstransportwagen wird in erster Linie Personal zur Einsatzstelle gebracht. Im Heckausbau befindet sich Ausrüstung für CBRN(E)-Einsätze – zum Beispiel Schutzanzüge, Gebläse und Materialen für die Erstversorgung.
Muhr hatte große Anstrengungen unternommen, damit das BRK die Anschaffungen erhält. „Jetzt geht es darum, dass es nicht bei den Pilot-Fahrzeugen bleibt, sondern dass jede CBRN(E)-Einheit sie flächendeckend im Freistaat bekommt“, sagte der Katastrophenschutzleiter des BRK Cham.
Gerätehänger Heißwasserdampf-Desinfektion: Den Anhänger hatte der Kreisverband Ende Oktober 2021 für seine Schnelleinsatzgruppe CBRN(E) erhalten. Er war während der Pandemie ebenfalls vom Freistaat beschafft und dem Roten Kreuz über das Wirtschaftsministerium und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Verfügung gestellt worden.
Das BRK bringt die Geräte zur Heißwasserdampf-Desinfektion für das Landesamt, aber auch eigenständig zum Einsatz. Es konzipierte den entsprechenden Anhänger dazu – maßgeblich beteiligt war hier ebenfalls Tobias Muhr – und verbaute die Geräte darauf.
Auch mit dem Ende der Pandemie bleibt das Gefährt im Wert von rund 50 000 Euro voll einsetzbar – bei allen denkbaren Desinfektionslagen und zur Not-Dekontamination. Das BRK verfügt damit im Ernstfall schnell über heißes Wasser und kann bei einem Massenanfall von Kontaminierten zügig reagieren. Mit den Geräten, die Wasserdampf auf rund 130 Grad erhitzen, können große Flächen umweltschonend desinfiziert werden.
Krankentransportwagen Typ B für den Zivilschutz (KTW Typ B ZS): Das vom Bund beschaffte Fahrzeug wird bei der BRK-Bereitschaft Furth im Wald stationiert sein. Der KTW hat einen Wert von rund 140 000 Euro. Die Schlüssel waren den Verantwortlichen des BRK Cham im Februar dieses Jahres in Bonn ausgehändigt worden. Der Wagen ist nicht nur für den Katastrophenschutz bestimmt, seine Einsatzfelder liegen in besonderer Weise im Zivilschutz – für Einsatzlagen, auf die sich der Bund nicht zuletzt durch die Geschehnisse in der Ukraine ausrichten müsse, wie Tobias Muhr erläuterte.
Der KTW dient zum Transport und zur Notfallversorgung von bis zu zwei liegenden Patienten. Er gehört zu einer 180 Fahrzeuge umfassenden Beschaffungsserie, die bis 2025 an die deutschlandweit 61 Medizinischen Task Forces (MTF) ausgeliefert wird. Der Further Wagen zählt zur MTF 49 Regensburg, Oberpfalz.
Der Mercedes verfügt über Allradantrieb, ein Schlechtwegefahrwerk und umfangreiche medizinische Notfallausstattung. Er wird von ehrenamtlichen Kräften besetzt und soll beim BRK auch für die Schnelleinsatzgruppe Transport bei Großschadensereignissen zur Verfügung stehen.