Die spannende Suche nach dem VW Käfer im Perlsee
In Waldmünchen hält sich seit Jahrzehnten das Gerücht, in den 1950er, 1960er Jahren sei ein Auto im Winter beim Driften durchs Eis gebrochen und versunken. Die Mitglieder der Chamer und der Waldmünchner Wasserwacht begaben sich mit Sonartechnik auf Spurensuche. Vor laufender BR-Kamera stießen Taucher auf einen großen Gegenstand...
Von Frank Betthausen
Waldmünchen. Da war diese alte Geschichte… Dieses Gerücht, das Alexander Schramm nicht mehr losließ. In den 1950er, 1960er Jahren, das erzählten sich auch die älteren Wasserwacht-Kameraden aus Waldmünchen, war angeblich ein VW Käfer beim Driften auf dem zugefrorenen Perlsee eingebrochen und versunken. Sollte die Wasserwacht den Wagen viele Jahre später tatsächlich mit moderner Technik und ihrem Sonargerät gefunden haben?
Bereit für den Spezialeinsatz, der die Mitglieder der Chamer und der Waldmünchner Wasserwacht an diesem Sonntag ins Fernsehen bringt
„Das Zeug ist zu teuer, als dass es verstauben sollte.“ Sonar-Beauftragter Alexander Schramm
Oder waren Schramm, der Sonar-Beauftragte der Kreis-Wasserwacht, und seine Kollegen einfach nur auf Baureste der Staumauer oder das Fundament eines alten Sägewerks gestoßen, als sie den Perlsee im Sommer 2020 untersuchten? Die Wasserretter wollten es genauer wissen – und gingen der Sache vor wenigen Tagen, begleitet von einem Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks, buchstäblich mit Tauchern auf den Grund…
Dem „Showdown“ am See ging eine knapp zweijährige Vorgeschichte voraus. Ende 2018 hatte die Wasserwacht in Cham eine Unterwasserdrohne und ein Sonargerät angeschafft. Schramm, der auch 2. Vorsitzender der Ortsgruppe ist, und Sebastian Bach nahmen sich der Technik an – und erlebten erst einmal mit, wie die Begeisterung dafür bald wieder einschlief.
Als die Wasserwacht 2019 ihren Ford Ranger bekam und plötzlich die Möglichkeit bestand, die Gerätschaften im Fahrzeugaufbau mitzunehmen, dachte sich Schramm: „Das Zeug ist zu teuer, als dass es verstauben sollte“. Also machte sich der 40-Jährige, den alle nur „Agip“ rufen, weil er acht Jahre in Cham an der Tankstelle arbeitete, daran, ein Projekt zu ersinnen. Die Idee? Die Seen im Landkreis Cham zu vermessen!
Markiert! Auf dieser Unterwasserkarte der Chamer Sonargruppe ist das geheimnisvolle Objekt im Perlsee zu sehen.
2020 ging es in Zusammenarbeit mit der DLRG am Drachensee los. Die Sonargruppe aus Cham befuhr das Gewässer, zeichnete Bilder auf und erstellte Unterwasser- beziehungsweise Strukturkarten in 3D, über die am PC Untiefen zu erkennen sind.
Es folgten Fahrten auf dem Regen, am Blaibacher und am Eixendorfer See. Auch den Silber- und den Perlsee nahmen sich die Helfer vor. An letzterem machten Schramm und seine Mitstreiter im September 2020 eine Entdeckung.
Als sie mit vier bis sechs Stundenkilometern Geschwindigkeit von der Staumauer Richtung Campingplatz dahinglitten, tauchte im Sonar in einer Tiefe von rund drei bis fünf Metern ein etwa sieben auf drei Meter großes, seltsames Objekt auf – knapp 100 Meter vom Badestrand entfernt.
Schramms Neugier war geweckt. Zusammen mit den Mitgliedern der Waldmünchner Ortsgruppe recherchierte er ein wenig herum – und stieß auf die alten Geschichten vom versunkenen VW Käfer. Als im Team die Pläne reiften, unter Wasser nachzuschauen, was es mit der Auto-Legende auf sich hat, kam Corona – und das Vorhaben lag erst einmal auf Eis.
In der Zwischenzeit erschien in der örtlichen Zeitung ein Bericht über die Sonartechnik der Chamer Wasserwacht, in dem auch von dem Volkswagen die Rede war. Und so klopfte im Februar dieses Jahres plötzlich der Bayerische Rundfunk an. Das Fernsehen hatte eine spannende Story gewittert…
Die Besprechungen liefen an, der E-Mail-Verkehr rollte, die Übungsplanung gedieh – und am Ende stand mit dem 16. Mai auch ein Drehtag fest. Doch abermals durchkreuzte Corona das Vorhaben. Die Inzidenzwerte waren zu hoch, um das Geheimnis auf dem Grund des Perlsees lüften zu können.
Erst mit dem Ende der „dritten Welle“ und einem neuen Termin Ende Juli sollte die Sache wieder Fahrt aufnehmen. Erneut gab es Teamsitzungen, eine intensive Projektplanung der Wasserwacht-Ortsgruppen Cham und Waldmünchen und enge Abstimmungen mit dem BR.
Und endlich ging es los! 13 Mitglieder – fünf aus der Trenck- und acht aus der Kreisstadt – rückten sonntags in aller Früh mit drei Booten am Perlsee an, um sich dort mit Reporterin Iris Tsakiridis und ihrem Drehteam zu treffen. Alex „Agip“ Schramm, der vor 21 Jahren übers Tauchen zur Wasserwacht gestoßen war, belegte morgens alleine „noch schnell“ Wurst- und Käsesemmeln für alle. „Das ist das Tankstellen-Feeling, das übriggeblieben ist“, sagt er und lacht.
Die Boote werden zu Wasser gelassen.
„Das ist das Tankstellen-Feeling, das übriggeblieben ist.“ Sonar-Beauftragter Alexander Schramm
Durch die intensiven Vorbesprechungen wussten die Bootsführer und Wasserretter aus Waldmünchen mit Vorsitzendem Andreas Dietl an der Spitze sowie die Taucher- und die Sonargruppe aus Cham genau, was zu tun ist – ein Rädchen griff ins andere, auch wenn die Räder wegen der Fernsehaufnahmen und vielen Kamera-Einstellungen deutlich öfter greifen mussten als sonst.
„Es ist schon sehr interessant, wie lang es dauert, bis eine Szene im Kasten ist“, sagt Schramm rückblickend. Da war es nur gut und eine große Zeitersparnis, dass die Koordinaten des geheimnisvollen Objekts, das an diesem Tag vor laufender Kamera gesucht werden sollte, seit der Befahrung im September 2020 bekannt waren.
Und Action! „Es ist schon sehr interessant, wie lang es dauert, bis eine Szene im Kasten ist“, sagt Alexander Schramm über den Drehtag mit dem BR.
Nachdem die Stelle mit dem Boot angefahren und mit mehreren Bojen markiert worden war, gingen zwei Taucher nach einer Einsatzbesprechung ins Wasser, ein weiterer fungierte als Ersatzmann. In Waldmünchen waren es an diesem Tag Tauchausbilder Klaus Kreitmeier, Rettungstaucher Florian Kreitmeier und Florian Griesbeck (Taucher in Ausbildung), deren Können gefragt war. Wolfgang Alt führte vom Boot aus die Taucherleine.
„Wenn ich die persönliche Enttäuschung weglasse und den Tag als Übung und wasserwachttechnisch sehe, waren das eine super Gemeinschaftsleistung und ein voller Erfolg.“ Sonar-Beauftragter Alexander Schramm
Eine gute Dreiviertelstunde lang waren die Wasserretter im Einsatz. Bei Sichtverhältnissen von unter zehn Zentimetern war im Perlsee Tastarbeit angesagt. Doch die Taucher fanden, wonach sie suchten – etwas Großes, Festes, aus dem Metallteile herausstanden.
„Wir konnten damit sagen, dass es unglücklicherweise kein VW-Käfer war“, sagt Schramm – und es schwingt immer noch ein wenig Enttäuschung in seiner Stimme darüber mit, dass dort im Schlamm wohl doch Mauer- oder Fundamentreste ruhen.
Der Radlinger wäre jedoch nicht der bodenständige Optimist, der er ist, wenn er nicht hinterherschieben würde: „Wir haben ja noch den hinteren Bereich des Sees. Wir haben mit dem Sonar erst die Hälfte abgefahren.“
Den Käfer zu finden, das wäre in seinen Augen „etwas Geniales gewesen“. Wenn er allerdings die persönliche Enttäuschung weglasse und den Tag als Übung und „wasserwachttechnisch“ sehe, „waren das eine super Gemeinschaftsleistung und ein voller Erfolg“, meint Schramm.
Und so trat er kurz vor dem Ende der Aktion auch sehr zufrieden vor die BR-Kamera, um ein Schluss-Statement für den Beitrag abzugeben.
Es geht los! Mit seiner Bootsführerin Stefanie Kurzendorfer von der Wasserwacht Waldmünchen bricht Alexander Schramm - beobachtet von seinen Kollegen und dem BR-Team - hinaus auf den Perlsee auf.
Der wird an diesem Sonntag, 1. August, um 17.45 Uhr in der Sendung „Schwaben & Altbayern“ zu sehen sein.
Ob der VW Käfer doch noch „auftaucht“? Wir werden auf unseren BRK-Kanälen weiter berichten…