Waldmünchens BRK-Heimleiter Stefan Paa ist es ein Herzensanliegen, im Jubiläumsjahr seiner Einrichtung altgediente Mitarbeiter in den Blickpunkt zu stellen. Beschäftigte wie Evi Riederer, die bis zu ihrem Ruhestand 46 Jahre lang im Breitenwiesweg arbeitete. Oder Pflegedienstleiterin Alexandra Dostal, die ihre Mutter schon als Zwölfjährige zum Nachtdienst begleitete. Sie sagt: „Ich bin quasi mit dem Haus aufgewachsen."
Von Frank Betthausen
Waldmünchen. Evi Riederer war eine Hundertprozentige. Gewissenhaft, fleißig – und eine treue Seele. 46 Jahre lang hat die Lengauerin als Küchenhilfe im BRK-Senioren-Wohn- und Pflegeheim Waldmünchen gearbeitet. Putzen, abspülen, das Essen auf die Stationen bringen… Eine mühsame Tätigkeit! Einen Aufzug gab es lange Zeit nicht! „Wir haben die Speisen mit der Hand auf dem Tablett hochgebracht“, erzählt die 67-Jährige, die am 1. Februar 1972, dem Eröffnungstag der Einrichtung, ihren Dienst im Breitenwiesweg angetreten hatte. 50 Jahre ist das her! 2018 war sie als Mitarbeiterin der ersten Stunde in den Ruhestand gegangen. „Es war einfach schön“, sagt Riederer über ihre Zeit beim BRK.
„Das ist heute schon fast unvorstellbar. Wo gibt es das noch, dass jemand vor der Rente 46 Jahre bei einem Arbeitgeber ist?“
Heimleiter Stefan Paa
Für ihren früheren Chef ist sie bis heute ein Phänomen. „Das ist heute schon fast unvorstellbar. Wo gibt es das noch, dass jemand vor der Rente 46 Jahre bei einem Arbeitgeber ist?“, fragt Stefan Paa (50), dem es ein Herzensanliegen ist, im Jubiläumsjahr seines Hauses altgediente Mitarbeiter in den Blickpunkt zu stellen.
Beschäftigte wie Riederer! Oder Pflegedienstleiterin Alexandra Dostal, die nur von „ihrem Heim“ spricht, wenn sie von ihrer Verbindung zu den Menschen und dem Haus in Waldmünchen erzählt. Schon ihre Mutter war für das BRK tätig. Im Dauernachtdienst!
Eine Hand an der Babywippe...
„Sie hat hier bereits 20 Jahre gearbeitet, als ich hier angefangen habe. Ich habe sie als Zwölfjährige schon zum Dienst begleitet. Ich bin quasi mit dem Haus aufgewachsen“, sagt Dostal, die heuer ihr 25. Jahr als Rot-Kreuz-Mitarbeiterin in der Trenck-Stadt erlebt.
Und auch für ihre Söhne war es völlig normal, im Breitenwiesweg ein und aus zu gehen. „Die sind genauso hier drin groß geworden“, erzählt sie. Wenn wieder einmal besonders viel zu tun war und sie niemanden hatte, der auf die Kinder hätte aufpassen können, saß sie im Büro – eine Hand an der Babywippe… Und mit der anderen schrieb sie den Dienstplan…
Was sie im Heim besonders schätzt? Das Zugehörigkeitsgefühl! Das Empfinden, schon fast verwurzelt zu sein mit den Dingen. „Nach 25 Jahren ist das tatsächlich so etwas wie eine zweite Familie geworden“, meint die 50-Jährige, die früher ein Haus in Waldmünchen hatte, heute aber in Regenstauf lebt.
Man kenne alles, man werde akzeptiert mit seinen Eigenheiten und gehöre in einer großen Gemeinschaft dazu. „Und man wird auch einmal aufgefangen, wenn es einem nicht so gutgeht“, schildert sie ihre Erfahrungen.
Wie in einer richtigen Familie fliegen bei all dem in der Belegschaft auch einmal die Fetzen.
„Man lacht miteinander, man schimpft und streitet miteinander“, beschreibt es die Pflegedienstleiterin. „Aber im Endeffekt hat jeder das gleiche Ziel.“
Sich immer wieder neu zusammenzufinden – erst recht nach einer Auseinandersetzung –, darin liegt für Konrad Dirscherl aus der Verwaltung ein Reiz im täglichen Miteinander. Daraus entsteht viel Energie und viel Gutes im Arbeitsalltag, der für ihn vor allem von den Mitarbeitern lebt. Sie machen für ihn die Einrichtung in Waldmünchen aus.
Seit 1994 ist der 50-Jährige aus Heinrichskirchen dort beschäftigt. „Ich bin ein BRK-Dinosaurier“, meint er und lacht. Einer, mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz. „Der Konrad weiß alles“, sagt die ehemalige Pflegehelferin und Betreuungsassistentin Inge Stelzer, die mit ihren 70 Jahren bis heute auf 450-Euro-Basis regelmäßig in der Betreuung im Haus einspringt.
Als er anfing, klapperten noch Schreibmaschinen
Dirscherl, der wie Alexandra Dostal und Stefan Paa im Eröffnungsjahr des Pflegeheims geboren wurde, kam damals als Quereinsteiger zum Roten Kreuz. Er hatte eine Banklehre absolviert, stellte danach aber fest, „dass das so nicht funktioniert“.
Er suchte eine neue Herausforderung – und fand sie mit dem Aufbau der EDV-Erfassung, für die er von seinem neuen Arbeitgeber angeheuert worden war. Als er seine Stelle antrat, gab im Büro noch die Schreibmaschine klappernd den Takt vor.
Inzwischen hat sich sein Aufgabenfeld extrem gewandelt. Früher war er stark in die Patientenaufnahme eingebunden, hatte viel Kontakt zu Angehörigen und Bewohnern, traf jeden Tag andere Menschen und hörte viele Geschichten aus ihrem Leben… Heute kümmert er sich fast ausschließlich um die Abrechnung. „Ich liebe es mittlerweile, mit den Zahlen zu jonglieren“, sagt er.
„Man lacht miteinander, man schimpft und streitet miteinander. Aber im Endeffekt hat jeder das gleiche Ziel.“
Pflegedienstleiterin Alexandra Dostal
Jede Menge Veränderung hat auch Inge Stelzer in all der Zeit im BRK-Heim miterlebt. Nicht zuletzt bei den Bewohnern selbst. „Jetzt kommt eine andere Generation“, sagt sie. „Das Thema Krieg bricht weg.“ Früher war es in vielen Gesprächen noch ein sehr bestimmendes. Die 70-Jährige kennt die Angstzustände und Beklemmungen, mit denen viele auch Jahrzehnte später kämpften… „Das ist weg“, sagt sie.
So, wie sie feststellt, dass die Menschen heutzutage wesentlich mehr Ansprüche haben ans Heim und die Betreuung, in der die Gleißenbergerin in ihrem Ruhestand immer noch so gerne arbeitet.
1990 hatte sie ihre Tätigkeit in der Einrichtung aufgenommen – als Hauswirtschaftskraft. Später absolvierte sie ihren Pflegehelferkurs und bildete sich zur Betreuungsassistentin fort.
Warum sie nie aufgehört hat und immer noch jeden Monat ein paar Mal zum Dienst kommt? „Weil ich es einfach mag“, sagt sie. „Und weil ich die Leute mag! Ich brauche es einfach.“ Der Kontakt zu den Menschen und die Rückmeldungen, die sie bekommt, geben ihr unglaublich viel. Sätze wie „Mei, Inge, ist das schön, dass Du wieder da warst!“ sind Musik in ihren Ohren…
Probleme habe es in all den Jahren nie gegeben. „Und wenn, dann kann man doch reden darüber, oder?“, sagt Stelzer. So ist es eben, wenn Hundertprozentige zusammenarbeiten…