Die Bergwacht Furth im Wald besteht heuer seit 85 Jahren. Für Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger ist eines der Erfolgsrezepte der regelmäßige Austausch bei den Dienstabenden. Die Jüngeren profitieren in der Drachenstich-Stadt extrem vom Wissen, der Erfahrung und den Empfehlungen der älteren Mitglieder. Doch die Mannschaft kämpft auch mit Herausforderungen. „Der harte Kern ist immer da, aber andere musst du persönlich ansprechen, um sie nach der Corona-Zeit für die Ausbildung, Einsätze, Arbeitsdienste oder Kameradschaftsabende zu motivieren“, berichtet Schönberger.
Von Burghard Lang und Frank Betthausen
Furth im Wald. Die Further Bergwacht hat in den Augen von Dominik Schönberger zwei große Stärken: die Kameradschaft zwischen Jung und Alt und den Zusammenhalt. Geschuldet ist das, wie der Bereitschaftsleiter meint, in besonderer Weise den Dienstabenden, die jeden Donnerstag im Gerätehaus im Sagweg stattfinden, und dem Informationsfluss an die ganze Mannschaft. Jeder sei immer auf dem gleichen Wissensstand – in der Ausbildung genauso wie in allem, was das Organisatorische angehe.
„Wir sind immer noch spritzig und jung, das Alter kennt man uns gar nicht an.“
Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger
„Und das auch immer über den Tellerrand der Further Bergwacht hinaus!“, sagt Schönberger, dessen Bereitschaft in diesem Jahr 85 Jahre alt wird. Durch den regelmäßigen Austausch gelinge es, auch die Nichtaktiven abzuholen.
Und: Die Jüngeren profitieren vom Wissen, der Erfahrung und den Empfehlungen der Älteren. Schönberger spricht mit Blick darauf von „Knigge-Anweisungen“. Eine Hilfestellung, von der er nach eigenen Angaben in den vergangenen zwölf Jahren als Bereitschaftsleiter mehr als einmal profitierte.
Rund 30 Einsätze pro Jahr
„Wir sind immer noch spritzig und jung, das Alter kennt man uns gar nicht an“, scherzt der 41-Jährige, der den besonderen Jahrestag der Bereitschaft – sie kommt im Schnitt auf rund 30 Einsätze pro Jahr – mit seinen Mitgliedern im Mai größer gefeiert hatte. Zusammen mit der Einweihung des Gerätehaus-Anbaus und der Indienststellung eines neuen Einsatzfahrzeugs!
Im Dezember wird es für die Mannschaft eine interne Jubiläums- und Weihnachtsfeier geben. „Gediegen! Im kleinen Rahmen – mit Jahresrückblick und Ehrungen! Aber im Vordergrund werden die 85 Jahre stehen“, erzählt Schönberger, der die Geschicke der Further Bergretter mit seinen Stellvertretern Georg Hofstetter und Andrea Winklmüller lenkt. Sie stehen in einer langen Reihe von Aktiven, die seit 1938 Verantwortung für die Bereitschaft übernommen hatten.
Deren Erfolgsgeschichte macht seit 27 Jahren ganz wesentlich die von Franz Seidl gegründete Jugendgruppe mit aus. Viele Führungskräfte und Ausbilder, die den Dienstalltag heute prägen, gehen auf das Engagement von Seidl und die Anfangsjahre zurück.
„Die derzeitige Gruppe ist hochmotiviert. Das ist genau die Art von Jugendlichen, die wir brauchen“, sagt Schönberger. Die Jugendlichen seien bergsportbegeistert und hätten enorme Freude an der Kameradschaft und allen Themen, die ihnen die Bergwacht zu bieten habe.
Was nicht heißt, dass der 41-Jährige und seine Unterstützer im Jubiläumsjahr nicht doch mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten. Wie in vielen anderen Vereinen sind es vor allem die Folgen der Pandemie fürs Ehrenamt, die den Verantwortlichen zu schaffen machen.
„Der harte Kern ist immer da, aber andere musst du persönlich ansprechen, um sie nach der Corona-Zeit für die Ausbildung, Einsätze, Arbeitsdienste oder Kameradschaftsabende zu motivieren“, berichtet der Bereitschaftsleiter.
Beim Bergfest am Gaisriegel, der Großveranstaltung des Fördervereins, deren Einnahmen zum Erhalt der eigenen Stützpunkte und für die Beschaffung von Sondereinsatz-Materialien verwendet werden, seien Gott sei Dank immer alle da, meint Schönberger.
Er ist in Sorge um „das Fachpersonal“
„Das ist immer unser Familientreffen und immer sehr schön. Aber unterm Jahr ist es sehr schwer, manche Aktive aus der Reserve zu locken – und die Pandemie hat das Ganze massiv verstärkt.“
Wo er in den nächsten Jahren zusätzliche Herausforderungen sieht? Ähnlich wie im Wirtschaftsleben ist es die Sorge um „das Fachpersonal“, die den Bereitschaftsleiter umtreibt. Auch in Zukunft Sommer- und Winterausbilder, Jugendleiter und motivierte Führungskräfte zur Verfügung zu haben, sei eines der größten Themen.
Annehmen muss sich der Aufgabe an der Spitze der Bergretter in zwei Jahren ein anderer. Mit den Wahlen 2025 möchte sich der 41-Jährige aus seiner Führungsrolle zurückziehen. „Dann ist es Zeit, nach 14 Jahren einen neuen Besen ranzulassen“, sagt Schönberger.
Wer es nach ihm richten soll, möchte er öffentlich noch nicht verlauten lassen – auch wenn er natürlich längst Wunschkandidaten im Blick hat. Probleme für den Fortbestand der Bereitschaft, da ist er sich jedenfalls sicher, sind keine zu erwarten. „Und andere, neue Ideen und Ansichten werden uns guttun.“
Die Geschichte der Further Bergwacht hat im Jubiläumsjahr Ehrenmitglied Burghard Lang dokumentiert:
Am 8. Januar 1938 gelang es dem Angestellten bei der Further Reichsbahn, Josef Leitner, in der Schützenhalle der Gastwirtschaft Dobner in der Kreuzkirchstraße (heute das Josefs-Haus) die Bergwacht-Bereitschaft in der Grenzstadt zu gründen.
1938 war bereits der zweite Gründungsversuch. Schon 1932 hatte der Further Kaufmann Hans Sturm zusammen mit Aktiven der Waldvereinssektion eine kleine Ortsgruppe der damaligen Deutschen Bergwacht in der Abteilung Bayerwald ins Leben gerufen.
Dazu gehörten der Gastwirt in Voithenberghütte, Josef Seidl, der Schreiner Christof Schmiedbauer, der Bahnarbeiter Anton Solfronk, der Lederarbeiter Josef Bauer und die Arbeiter Konrad Franz und Ludwig Jellinek.
Es kam zum vorläufigen Ende
„Die Ausbreitung des Skisports und dadurch die erhöhte Gefahr für Unglücksfälle bestimmt in erster Linie unser Augenmerk“, lautete die Begründung damals. Als Hans Sturm 1933 zum Vize-Bürgermeister gewählt wurde, legte er die Leitung der Bergwacht-Ortsgruppe nieder. Das bedeutete gleichzeitig ihr vorläufiges Ende.
Doch es gab einen neuen Anlauf. „Das heimatliche Skigebiet und die gefährliche Arbeit des Holzarbeiters im Hochwald brachten alljährlich eine Reihe von Unfällen, die heimatliche Flur bedurfte des Schutzes“, schrieb Josef Leitner 1937 in seiner Chronik.
Ohne offiziellen Auftrag machte er nach diesem Motto schon ab Juni 1937 Bergwachtdienst mit seinen fünf Wanderkameraden Hans Zima, Josef Schreiber und den Brüdern Toni, Oskar und Sepp Mühlbauer.
Auch suchte er Kontakt zu Dr. K. Schmid in Regensburg, dem Leiter der Abteilung Bayerwald in der Deutschen Bergwacht. Ein halbes Jahr später, am besagten 8. Januar 1938, einem Samstagabend, lud Sepp Leitner interessierte junge Männer zur Gründung einer Ortsgruppe in die Schützenhalle Dobner ein. Dr. Schmid sprach bei dieser denkwürdigen Veranstaltung in seiner Begrüßung „vom einfachen, unbekannten Bergwachtmann“.
Der stehe in seinem Beruf, schenke aber seine Freizeit dem freiwilligen Dienst in der Bergwacht – jederzeit, Tag und Nacht bereit, auszurücken, um dem Nächsten Hilfe zu bringen.
Der Film „Berge, Menschen, Kameradschaft, Sport“ und ein Lichtbildervortrag des Münchner Bergwachtmanns Siebenwurst zu zwei erfolgreichen Rettungseinsätzen in der Eiger-Nordwand und der Watzmann-Ostwand unter seiner Leitung zogen die Anwesenden so in den Bann, dass schließlich 34 junge Further als aktive Bergwachtler Armbinde und Abzeichen mit dem grünen Kreuz in Empfang nahmen und sich weitere zahlreiche fördernde Mitglieder meldeten.
Sepp Leitner wurde zum Ortsgruppenführer und der technische Reichsbahninspektor Hans Lang zu seinem Stellvertreter bestimmt. Arzt Dr. K. Seidl erklärte sich bereit, die Sanitätsausbildung zu übernehmen.
Es ging auch um „besonderes anatomisches Wissen"
Leitner schreibt in seiner Chronik, dass Dr. Seidl in den folgenden Monaten jede Woche an bis zu zwei Übungs- und Unterrichtsabenden unermüdlich bestrebt war, den Bergwachtmännern „neben praktischer Ausbildung in der ersten Hilfeleistung auch ein besonderes anatomisches Wissen beizubringen“.
Ein halbes Jahr später, am 12. Juni 1938, war es so weit: 22 Kameraden traten zur Prüfung im „Bergwacht-Sanitäts- und Rettungsdienst“ an. Sie stellten am Voithenberg in Anwesenheit von Dr. Schmid und zwei weiteren Bergwachtlern aus Regensburg das erworbene Können in Theorie und Praxis unter Beweis.
Nachdem alle Aufgaben zur großen Zufriedenheit des Prüfungsteams gelöst worden waren, erhielten die ersten ausgebildeten Further Bergwachtkameraden vom „Abteilungsführer“ das Große Sanitätszeichen der Deutschen Bergwacht.
Dazu gehörten: Josef Dimpfl, Max Falter, Franz Fischer, Herbert Hartl, Vinzenz Hastreiter, Hans Hurka, Wenzl Kaufmann, Georg und Willi Kraus, Josef Leitner, Ludwig, Max, Oskar und Toni Mühlbauer, Peter Siegfried, Franz Schindler, Alois Schmatz, Josef Schreiber, Englbert Siegl, Georg Stauber, Franz Traurig und Hans Zima.
Die frischgebackenen Bergwachtler wurden fortan an den Sonn- und Feiertagen in Gruppen zum Streifendienst und zur Besetzung von Stützpunkten eingeteilt. Während der Woche war für alle Bereitschaftsdienst. Gleichzeitig gingen sie daran, im gesamten Dienstgebiet Rettungsstellen aufzubauen.
„Das heimatliche Skigebiet und die gefährliche Arbeit des Holzarbeiters im Hochwald brachten alljährlich eine Reihe von Unfällen, die heimatliche Flur bedurfte des Schutzes.“
Josef Leitner 1937 in seiner Chronik
Mit dem Einmarsch der Wehrmacht auf Befehl Hitlers Anfang Oktober 1938 ins Sudetenland erweiterte sich für die Further Bergwacht das Dienstgebiet auf das benachbarte Gebiet der vormaligen Tschechoslowakei rund um den Čerchov.
Deswegen stationierten die Verantwortlichen in Fichtenbach und in Böhmisch Kubitzen, wo es auch eine Sprungschanze gab, regelmäßig Sonntagsposten.
In Fichtenbach wurde zudem unter Führung von Hans Meixelsberger eine Bergwachtgruppe gegründet. Die Stadt Taus überließ den Bergwachtlern das Brunnhäusl, eine ehemalige Holzhauerunterkunft am Kleinen Čerchov, als Rettungsstelle, wo sie auch übernachten konnten.
Er war später Bürgermeister
Deren Hüttenwart wurde Hans Zima. Nach monatelanger mühevoller Instandsetzung fand am 3. September 1939 die offizielle Einweihung statt.
Auch auf dem Hohenbogen richteten die Kameraden 1938 in der Forstdiensthütte eine Rettungsstelle ein. Sie musste unter Leitung des ersten Hüttenwarts Alfred Peter, dem späteren Further Bürgermeister von 1952 bis 1964, mühevoll saniert werden. Die Unterkunft wurde am 31. Juli 1938 in einer öffentlichen Feierstunde ihrer Bestimmung übergeben.
1940 erneuerten die Bergwachtler trotz des Widerstands der örtlichen Nationalsozialisten das morsche umgestürzte Holzkreuz als weit sichtbares Wahrzeichen am Hohenbogen.
1939 erwarben die Kameraden um Sepp Leitner auch auf dem Dieberg eine kleine einräumige Unterkunft neben dem Luftüberwachungsturm, die nach dem Einmarsch der Wehrmacht ins Nachbarland nicht mehr gebraucht wurde.
1941 bauten sie an gleicher Stelle eine geräumige Hütte, die erste Dieberghütte mit Herbert Hartl als Hüttenwart. Ein Steig entlang der Further Seite des Diebergs ist heute nach ihm benannt. Wie zahlreiche andere Kameraden, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden, überlebte er den Zweiten Weltkrieg nicht.
Im Schlosshof des Guts Voithenberg entstand 1941 ebenfalls eine Rettungsstelle als Ausgangspunkt für Skistreifen auf dem Gibacht.
„Es war ein kleiner fensterloser Raum des ehemaligen Lagerraums eines Wirtshauses oberhalb des neuen Schlosses“, erzählt der mittlerweile fast 90-jährige Karl Lauerer, der sein ganzes Berufsleben im Dienste der Gutsverwaltung Voith von Voithenberg verbrachte.
Die heutigen Hütten in Althütte und auf dem Gaisriegel entstanden erst nach dem Krieg. Nur die Dieberghütte überdauerte als einzige Rettungsstelle die Kriegszeit. Um die finanzielle Basis zur laufenden Instandhaltung der drei Hütten sicherzustellen, bewirten die Kameraden seit 1968 jedes Jahr beim Bergfest um Johanni ihre Freunde und Gönner vor der Roberthütte am Gaisriegel.