Hermann H. aus Bad Kötzting kämpft mit einer Krebserkrankung. Er ist auf den Rollstuhl angewiesen und konnte seine Kellerwohnung seit geraumer Zeit nicht mehr verlassen. Ein Stadion-Besuch schien für ihn in unerreichbarer Ferne zu liegen. Doch das BRK Cham erfüllte dem 66-Jährigen seinen Traum – eine große Thomas-Müller-Überraschung inklusive…
Von Frank Betthausen
Bad Kötzting. Hermann H. ist ein Riesenfan des FC Bayern München. Ganz besonders schwärmt er für Vereinslegende Thomas Müller. Haben die Roten ein Spiel, fiebert der Bad Kötztinger zusammen mit seiner Frau Halina S. im Wohnzimmer vor dem Fernseher mit.
Ein Stadionbesuch? Der lag für H. in unerreichbarer Ferne… Der 66-Jährige kämpft mit einer Krebserkrankung, ist auf den Rollstuhl angewiesen und konnte seine Kellerwohnung in der Pfingstritt-Stadt seit geraumer Zeit nicht mehr verlassen.
Silke Geiger von der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung der PALLIAMO gGmbH und der zuständige Arzt Dr. Peter Zita wollten ihm unbedingt etwas Gutes tun und ihm einen Ausflug an der Seite seiner Ehefrau ermöglichen, die rund um die Uhr für ihn da ist.
So setzte sich Geiger mit stellvertretendem BRK-Rettungsdienstleiter Tobias Muhr in Verbindung, der in Cham das Projekt Herzenswunsch-Hospizmobil verantwortet.
Mit dem Fahrzeug bereitet das Rote Kreuz schwerstkranken Patienten oder Menschen, die gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, eine Freude im beschwerlichen Alltag.
Nach der Anfrage von Geiger setzte Muhr alle Hebel in Bewegung, klemmte sich ans Telefon und klopfte in die Tasten an seinem PC, um für H. in enger Absprache mit dem FC Bayern München einen Besuch in der Allianz Arena zu arrangieren.
„Max, Louis und Jonas haben nicht nach Sanis ausgesehen, sondern nach drei jungen Burschen, die zum Fußball wollen und einen Spaß-Ausflug mit ihm machen. Da hast du gemerkt, wie seine Freude steigt.“
Silke Geiger von der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung der PALLIAMO gGmbH
Zum 7. Februar – an diesem Freitag sollte das Team von Trainer Vincent Kompany abends gegen Werder Bremen auflaufen – war die Planung abgeschlossen. Nachmittags standen die Rettungssanitäter Max Stoiber (24), Louis Pscheidt (24) und Jonas Späth (23) mit dem Herzenswunsch-Hospizmobil bei H. vor dem Haus. In Fan-Montur des deutschen Rekordmeisters!
Als der 66-Jährige das BRK-Trio so sah, war das Eis schnell gebrochen. Sämtliche Sorgen, die er sich wegen der Reise in die Landeshauptstadt gemacht hatte, waren verflogen.
H. hatte erst am Morgen erfahren, was Geiger und seine Frau heimlich eingefädelt hatten, um ihn zu überraschen. „Wir wussten, dass es ihm gefallen wird. Aber: Er hatte große Bedenken und hat es sich eine ganze Weile nicht zugetraut“, erzählt Geiger.
Doch die PALLIAMO-Mitarbeiterin ließ nicht locker, redete ihrem Patienten zusammen mit Dr. Zita gut zu und machte ihm Mut. So stimmte er der Fahrt zu – in der Aussicht darauf, einen schönen Abend mit seiner Frau bei seinem Herzensverein verbringen zu können… „Der Ausflug war am Ende quasi eine ärztliche Verordnung“, sagt Geiger mit einem Augenzwinkern.
Dass Hermann H.s Stimmung ein paar Stunden später in Windeseile umschlug, hatte ganz entscheidend mit den drei Rot-Kreuz-Kräften zu tun. „Max, Louis und Jonas haben nicht nach Sanis ausgesehen, sondern nach drei jungen Burschen, die zum Fußball wollen und einen Spaß-Ausflug mit ihm machen. Da hast du gemerkt, wie seine Freude steigt“, berichtet Geiger.
Max Stoiber, der stellvertretend für seine Kollegen von dem Ausflug nach München erzählt, erlebte es genauso. „Wir haben uns gleich blendend verstanden – sowohl mit seiner Frau als auch mit Hermann. Man hat ihm angemerkt, wie sehr er sich darüber gefreut hat, dass das zustande gekommen ist“, schildert er seine Eindrücke.
Ja, die Gewissheit, „seinen“ FCB sehen zu dürfen, setzte bei dem Bad Kötztinger gewaltige Energien frei. Nachdem er wochenlang keinen Schritt mehr aus seiner Wohnung gesetzt hatte, stieg er – gestützt von Louis Pscheidt – aus eigener Kraft die Kellertreppe hinauf und ging selbstständig zum Auto.
Halina S., die früher als Altenpflegerin arbeitete, war tief gerührt – bei diesen Anblicken genauso wie unterwegs. Die gebürtige Polin kämpfte immer wieder mit den Tränen. Mehr als einmal sagte sie an die Adresse der Rot-Kreuz-Mitarbeiter: „Danke! Danke, dass es so etwas gibt und dass ihr so etwas möglich macht!“
Während Jonas Späth den Krankentransportwagen über die Bundesstraße und die Autobahn zum Ziel steuerte, saßen Max Stoiber und Louis Pscheidt hinten bei Hermann H. und seiner Frau. Der 66-Jährige war lange bei der Bundeswehr gewesen und hatte später als Versicherungsvertreter gearbeitet.
„Die Jungs haben unglaublich auf mich aufgepasst.“
Fahrgast Hermann H. über die drei Rettungssanitäter des BRK
„Es waren wirklich gute Gespräche. Er hat uns viel aus seinem Leben erzählt“, berichtet Stoiber, der wie seine beiden Begleiter an diesem Tag von H. eine besondere Bezeichnung erhielt. Der Fahrgast nannte die Rot-Kreuz-Ehrenamtlichen mit einem Augenzwinkern bald nur noch „seine Bodyguards“.
„Die Jungs haben unglaublich auf mich aufgepasst“, ließ er Silke Geiger nach der Rückkehr wissen. Stoiber, Späth und Pscheidt schoben abwechselnd den Rollstuhl, bahnten ihrem Patienten den Weg durch die Menschenmassen am Stadion und blockten angetrunkene Fans ab, die ihm im Gedränge zu nah kamen.
Auch sonst klappte alles wie am Schnürchen – dank der Vorarbeit und Organisation von Tobias Muhr. Die Ordner an der Arena waren über die Ankunft des Herzenswunsch-Hospizmobils informiert, Vereinsmitarbeiterin Nicole Coloma-Lorini nahm die Gruppe aus der Oberpfalz in Empfang.
Sie lotste die Gäste nicht nur in den Rollstuhlfahrer-Bereich, sondern begleitete sie zuvor auch bei ihrem exklusiven Rundgang durch das Museum des FC Bayern mit seinen glitzernden Pokalen und Trophäen.
Als H. mit seinem Rollstuhl und seinen „Bodyguards“ auf der Tribüne angekommen war, sorgte Coloma-Lorini für einen weiteren Gänsehautmoment bei dem Bad Kötztinger. Die Club-Mitarbeiterin übergab ihm ein von Thomas Müller signiertes Trikot mit der Rückennummer 25 – eine Entschädigung dafür, dass ein persönliches Treffen mit dem Spieler nicht möglich war…
Die restliche Zeit gehörte ganz dem Fußballerlebnis. „Hermann hat das Spiel sichtlich genossen“, sagt Max Stoiber – zumal es die Bayern gegen den Gegner aus dem hohen Norden mit 3:0 deutlich machten.
So nahm der 66-Jährige unglaublich viel Kraft mit nach Hause. „Er war begeistert. Er hat tagelang gestrahlt. Die Unternehmung hat ihn richtig gepusht“, sagt Silke Geiger. So sehr, dass ihr Patient in der vergangenen Woche vor dem Auswärtsspiel in der Champions League gegen Celtic Glasgow scherzte: „Da könnten wir auch hinfahren. Jetzt wäre ich so weit.“
Genau diese Rückmeldungen seien es, die das Projekt Herzenswunsch und die Fahrten so wertvoll machten, meint Organisator Tobias Muhr. Max Stoiber, Louis Pscheidt und Jonas Späth hätten einen „Megajob“ gemacht. „Und auch dem FC Bayern können wir nur für die Unterstützung danken“, sagt der stellvertretende Rettungsdienstleiter.
Stoiber, der zum ersten Mal eine der Unternehmungen begleitete, ist ebenfalls immer noch gerührt. „Das ist das, was Spaß macht und was das Ehrenamt ausmacht“, sagt er. „Im Hauptamt gehst du deinem normalen Dienst nach. Das tust du auch gern, klar, und da hilfst du auch, aber bei solchen Fahrten wie an diesem Freitag siehst du, was du Menschen ermöglichen und welche Freude du ihnen bereiten kannst.“