Die BRK-Bereitschaft Waldmünchen feiert am 1. und 2. Juni ihr 100-jähriges Bestehen. Wir haben uns mit einigen Aktiven darüber unterhalten, was sie im Ehrenamt antreibt. „Was in der Gesellschaft an Werten verlorengeht, kannst du hier ein wenig kitten", sagt beispielsweise Stephanie Haberl. Für die Öffentlichkeit gibt es am Festsonntag ein buntes Programm – mit einer Fahrzeugschau, Vorführungen der Rettungshundestaffel, Hubschrauber-Rundflügen und einer Hüpfburg für die Kinder.
Von Frank Betthausen
Waldmünchen. Willi Gabriel hat die Bilder noch genau im Kopf. Wenn seine Eltern ausrücken mussten, rannten sein Bruder und er vors Haus und öffneten das Garagentor. Die Jungs wussten genau, was sie zu tun haben. Schließlich stand der Rettungswagen schon lange bei den Gabriels in der Garage auf dem Privatanwesen. Gabriels Vater war beim Roten Kreuz im Rettungsdienst angestellt, die Mutter begleitete ihn ehrenamtlich. 50 Pfennig bekam sie pro Einsatz, erinnert sich der heute 76-Jährige.
„Das hat sich so ergeben – und dann hast du nicht anders gekonnt.“
Willi Gabriel
Er ist eines der Urgesteine beim BRK in Waldmünchen, dessen Bereitschaft am 1. und 2. Juni mit einem internen Festabend und einem bunten Programm für die Öffentlichkeit das 100-jährige Bestehen feiert.
Mit seiner Frau Inge hat Willi Gabriel das Rot-Kreuz-Gen längst weitervererbt – so, wie es ihm von seiner Mutter und seinem Vater in die Wiege gelegt worden war. Mittlerweile engagiert sich bei den Gabriels die fünfte Generation für den Sozialverband. Enkelsohn Thomas ist als Betreuer im Jugendrotkreuz aktiv.
Warum ihm das BRK immer so am Herzen lag? „Das hat sich so ergeben – und dann hast du nicht anders gekonnt“, sagt Willi Gabriel. Und, ja, bei seiner Geschichte ist ihm tatsächlich kaum etwas anderes übrig geblieben. Sein Großvater, der ein Jahr nach der Gründung beigetreten war, bekleidete beim 40-jährigen Bestehen 1964 den Posten des Kolonnenführers.
Dann die Eltern… Die eigenen Interessen… So wuchs Gabriel, der bei der Bundeswehr Sanitäter war – was sonst? –, schnell immer tiefer ins Ehrenamt hinein. Er ist Gründungsmitglied der Wasserwacht, die vergangenes Jahr ihren 60. Geburtstag gefeiert hatte, und war zu dieser Zeit bereits Mitglied der örtlichen Rot-Kreuz-Bereitschaft. Wenngleich er dort offiziell erst seit 45 Jahren geführt wird. Als Ausbilder war Gabriel genauso tätig wie als stellvertretender Bereitschaftsleiter.
Seiner Frau Inge blieb da kaum etwas anderes übrig, als sich an seiner Seite mit einzubringen.
Die heute 69-Jährige hatte ihren Willi in Waldmünchen kennengelernt und war mit ihm einige Jahre nach Oberbayern gegangen. Als das Paar in die Trenck-Stadt zurückkehrte, begleitete sie ihren Mann ab dem Jahr 1980 mit zu den Dienstabenden. „Mich hat das Helfen fasziniert. Wir hatten eine super Gemeinschaft und einen super Zusammenhalt. Es war oft viel Gaudi und sehr lustig“, sagt Inge Gabriel.
Bei so viel Begeisterung blieben die Ämter auch bei ihr nicht aus. So übernahm sie unter anderem für zwei Perioden als Frauenbereitschaftsleiterin und für eine Periode bei den Bereitschaften auf Bezirksverbandsebene Verantwortung. In Waldmünchen machte sie sich außerdem als stellvertretende Leiterin der Bereitschaft einen Namen.
Es sind Mitglieder wie die Gabriels, die dem BRK seit Jahr und Tag ein Gesicht geben – und auf die Bereitschaftsleiter Dieter Müller und seine Vorgänger immer zählen konnten. Es sind „Menschen, die helfen“ – ein Motto, das für den 42-Jährigen viel von dem beschreibt, was das Rote Kreuz ausmacht. „Ich möchte auch zu den Menschen gehören, die helfen“, sagt Müller über seine Gründe, sich in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.
Dieter Müller: „Alle bringen sich ein“
Seit 2001 ist er beim BRK aktiv, seit 2009 wirkt er als Bereitschaftsleiter. Der Inhaber eines Statikbüros, der ehrenamtlich als Rettungsdiensthelfer arbeitet, war mit der Planung der Jubiläumsfeierlichkeiten federführend betraut. Für die Chronik zum 100-Jährigen saß er nächtelang vor dem PC.
Dabei zählt für den langjährigen Aktiven nicht die eigene Leistung, sondern der Teamgedanke. 15 Personen umfasste der harte Helferkern, der im April 2023 erstmals zusammengekommen war und sich danach fast 20 weitere Male traf. Rettungshundestaffel, Jugendrotkreuz, Frauenarbeitskreis, Wasserwacht, Bereitschaft: „Alle bringen sich ein“, freut sich Müller, der mit seiner Mannschaft im Moment die letzten Vorbereitungen zu meistern hat.
So galt es zuletzt, Plakate und Flyer zu verteilen. In der Woche vor dem Fest muss die Hüpfburg für das Sonntagsprogramm geholt werden, die Dekoration in der TV-Halle will hergerichtet werden – und der Festplatz braucht ein schmückendes Gewand. „Klar, es war auch Stress. Aber die letzten sechs Wochen war viel Euphorie da, da macht es Spaß“, sagt Müller.
Spaß, den Stephanie Haberl von der ersten Stunde an hat. Seit gut 15 Jahren ist ihr das BRK zur Heimat geworden.
„Wir haben erlebt, dass das Rote Kreuz sogar ein Familienersatz sein und einem in schweren Zeiten helfen kann.“
Stephanie Haberl
Der „Schuldige“? Ihr Mann Max Schmid! Der führte die heute 37-Jährige über die Dienstabende an den Verband heran. Haberl studierte zu der Zeit in Würzburg. War sie am Wochenende zu Hause, begleitete sie ihren Partner zu den Treffen.
Schmid arbeitete ehren- und hauptamtlich als Rettungssanitäter und Rettungsassistent, studierte Medizin und ist inzwischen am Gesundheitsamt in Cham tätig. Dem Roten Kreuz ist er weiterhin eng verbunden.
Kein Wunder! Auch seine Frau erlebte die Gemeinschaft mit ihren mehr als 60 Mitgliedern immer als offen und herzlich. Als sie im Dezember 2019 aus Unterfranken zurückkehrte, rutschte sie noch tiefer ins BRK hinein.
„Wir haben erlebt, dass das Rote Kreuz sogar ein Familienersatz sein und einem in schweren Zeiten helfen kann“, meint Stephanie Haberl, die als Lehrerin am Benedikt-Stattler-Gymnasium in Bad Kötzting ihr Geld verdient.
Ende 2023 erweckte sie mit Thomas Gabriel und Regina Ring das Jugendrotkreuz in der Trenck-Stadt zu neuem Leben. Den Ausschlag dafür habe Klaus Scherr gegeben. Auf seine unentwegte Initiative hin sei der Stein ins Rollen gekommen.
Für sie war es immer ein Anliegen, Menschen zu helfen
Was sie an ihrem Ehrenamt schätze? Sie habe beruflich viel mit Kindern und Jugendlichen zu tun, meint die 37-Jährige. „Doch beim BRK ist das nochmal etwas anderes. Du kannst noch authentischer und freier sein und kriegst ehrliches Feedback.“
Künftigen Generationen Werte zu vermitteln – das sei schon etwas, das das Rote Kreuz in besonderer Weise ausmache. „Was in der Gesellschaft an Werten verlorengeht, kannst du hier ein wenig kitten. Das ist das, was mich antreibt“, sagt Haberl.
Und es gibt noch jemanden, den Max Schmid fürs BRK begeisterte: Julia Allwicher! Sie stieß im März 2023 dazu – befeuert von vielen Erzählungen ihres Kollegen am Gesundheitsamt. Die 29-Jährige, die es 2017 der Liebe wegen nach Waldmünchen verschlug, verstärkt seit Februar das Betreuer-Team im Jugendrotkreuz. Als gelernte Krankenschwester wollte sie ihren alten Beruf „irgendwie weitermachen“, erzählt sie. „Für mich war es immer ein Anliegen, Menschen zu helfen.“
So wie für Andreas Urban. Auch „sein Ding“ war es seit jeher, für andere da zu sein. Der 59-Jährige stammt aus Stamsried und trat im Mai 1981 der Hilfsorganisation bei. Seit Oktober 1981 fuhr er ehrenamtlich Rettungsdienst. Als er vier Jahre später mit seiner Frau Anna-Maria in Waldmünchen ansässig wurde, wechselte er als Aktiver der Bereitschaft Cham 2 zur Gemeinschaft in der Trenck-Stadt.
„Jeder ist willkommen. Und vielleicht finden sich an diesem Tag ein paar neue Aktive.“
Dieter Müller
Dort flog ihm mit der Zeit mehr und mehr Verantwortung zu. Urban, der 1993 eine Stelle als hauptamtlicher Rettungssanitäter antrat, brachte sich als Jugendleiter genauso begeistert ein, wie er es als Erste-Hilfe-Ausbilder tut. Seit 2019 ist er darüber hinaus Blutspende-Beauftragter.
Seine Frau stieß nach ihrer Zeit beim Jugendrotkreuz über ihn wieder mit dazu. 1983 – noch vor der Hochzeit! „Mit Freude! Das war immer ein super Team“, sagt Anna-Maria Urban (56), die in der Ambulanten Pflege schon hauptamtlich fürs BRK tätig gewesen war.
Ein Ansporn, einen Teil ihrer Freizeit fürs Allgemeinwohl zu opfern, war für sie immer, an Ausbildungen teilnehmen zu können. Und: Der Reiz lag für sie seit dem ersten Tag in der Gruppe – in der Gemeinschaft. „Das allein hat mich schon gefestigt“, meint Urban, die mit Andreas drei Kinder hat, die ebenfalls alle beim BRK eine Heimat gefunden haben.
Angebote für die gesamte Bevölkerung
Sicher gebe es große Altersunterschiede beim BRK in Waldmünchen, sagt die 56-Jährige. „Aber: Man findet sich immer wieder mit jemandem zusammen, wenn man sich darauf einlässt.“
Sich darauf einlassen, ja! Geht es nach den Rot-Kreuz-Verantwortlichen, soll die Bevölkerung am 2. Juni beim Festprogramm in der Stadt genau das. „Jeder ist willkommen. Und vielleicht finden sich an diesem Tag ein paar neue Aktive“, sagt Dieter Müller. Stephanie Haberl ergänzt: „Es wäre schön, wenn die Leute ihre Verbundenheit mit dem BRK zeigen würden.“
Es ist jedenfalls angerichtet für eine Feier, die allen in Erinnerung bleiben soll – so wie Willi Gabriel die Bilder seiner Eltern, denen er einst mit seinem Bruder das Garagentor öffnete…
Das Jubiläumsprogramm