„Da bekommt man Bodenhaftung im täglichen Stress und in der Hektik“
Nicht nur BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner reagierte extrem beeindruckt auf die Erlebnisse bei einer Exkursionsfahrt nach Merklin in Tschechien. Mit der Unternehmung bauten die Verantwortlichen des Kreisverbands die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Nachbarn auf dem Sektor der Kindertagesstätten aus.
Von Regina Pfeffer
Cham/Merklin. „Hallo! Ahoj!“ In der bayerisch-tschechischen Grenzregion ist die Kenntnis der Sprache und Kultur des Nachbarlandes ein wesentlicher Faktor, um die Menschen näher zusammenzuführen. Der BRK-Kreisverband hat sich die praxisnahe grenzüberschreitende Zusammenarbeit aller an der Notfallrettung beteiligten Hilfsorganisationen, den Wissenstransfer und den Abbau von Sprachbarrieren zum Ziel gesetzt.
Vor kurzem konnte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch auf dem Sektor der Kindertagesstätten ausgebaut werden. Bei einer Exkursionsfahrt nach Merklìn, eine 1200 Einwohner zählende Gemeinde im Bezirk Pilsen-Süd, erfolgte ein umfassender Informationsaustausch der mitreisenden Trägervertreter und Fachkräfte.
Referatsleiter steuert den Kleinbus
Mit einem Kleinbus, gesteuert von Referatsleiter Stefan Raab und besetzt mit Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner, den Sachbearbeiterinnen Andrea Obermeier und Katrin Zollner sowie Nina Aschenbrenner (stellvertretende Leiterin des BRK-Hauses der Kinder St. Leonhard in Arrach) und Regina Pfeffer (BRK-Waldkindergarten Gut Kless Arrach), erfolgte die 90-minütige Anreise über Furth im Wald.
In Merklìn wurde die Gruppe von Tandem-Projektleiterin Natalie Käser willkommen geheißen. Sie hatte das Treffen ursprünglich angeregt. Später stieß auch noch die stellvertretende Projektleiterin des Grenzüberschreitenden Rettungsdienstes, Tereza Homolková, hinzu.
Die erste Besichtigungstour führte in den Städtischen Kindergarten (Mateřská škola, „mütterliche Schule“). Bei der Führung durch die Räumlichkeiten lieferte Schulleiterin Michaela Štibraná, unterstützt von Dolmetscherin Sàrka Kutanovà, wertvolle Einblicke in die Pädagogik der Einrichtung und Ausbildung der pädagogischen Kräfte.
Mittagessen und zwei Brotzeiten
Das Haus ist von 6.30 bis 16.30 Uhr geöffnet und beherbergt zwei „Klassen“ á 25 Kinder von drei bis sechs Jahren und eine weitere „Klasse“ mit zehn Kindern von zweieinhalb bis drei Jahren. In jeder Gruppe arbeiten zwei „Lehrerinnen“ (Fachkräfte) und eine Assistentin. Wichtige Grundsätze in der Pädagogik sind der Kontakt zur Natur sowie, die sozial-emotionale Seite der Kinder zu wecken.
Die Kinder erhalten eine Ganztagsverpflegung, das heißt Mittagessen und zwei Brotzeiten. Bei der Essenszubereitung helfen die Eltern mit, es wird viel Wert auf gesunde Ernährung und frische Zutaten gelegt. Überhaupt bringen sich die Mütter und Väter mit verschiedensten Aktionen in den Alltag mit ein.
Krippen gebe es nur in größeren Städten, informierte die Schulleiterin, da die Mütter lange Mutterschutz genießen (staatlich gefördert) und ihr Kind nicht zwingend in die Kita schicken müssen. Ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz bestehe nur für Kinder im Vorschuljahr, die einen festen Wohnsitz in der Gemeinde hätten. Fachkräftemangel kenne man kaum, durch ein gutes Kollektiv könne man auf ein stabiles Fachkräftepersonal verweisen.
Beeindruckende Sprachanimation
Besonders beeindruckend war die deutsch-tschechische Sprachanimation von Sprachanimateurin Marie Sokolovà, die der Vorschul-Kindergruppe spielerisch und mit vielen Bewegungselementen die beiden Sprachen näherbrachte. Wie die Fachfrau wissen ließ, pflege man schon länger eine Zusammenarbeit mit dem Kinderhaus St. Johannes Nepomuk in Ränkam.
Nach einem kurzen Imbiss begaben sich die BRK-Vertreter in die nahe Grundschule für Kinder mit psychischer Behinderung (Träger ist die Evangelische Diakonie), wo Schulleiterin Ivana Kováčová durch die Räume führte.
Die Mission der Einrichtung ist es, die Grundbildung für Kinder mit autistischen Störungen, geistiger Behinderung (mentaler Retardierung) und mit kombinierter Behinderung zu sichern. Die Schule vereint eine Spezial-Grundschule und die Vorstufe der Förderstufe. Sie hat eine Nebenstelle in Sušice und eine Klasse in Pilsen. Besichtigt wurden auch die „Schule des Mittleren Grades“ und die ausgelagerte Wohngruppe/Internat.
Parallelen, aber auch viel Unterschiedliches
BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner bedankte sich herzlich für die Einladung. Er zeigte sich tief beeindruckt vom Team und von dessen Leistung. Die beiden Einrichtungen seien ein „Highlight“ für ihn gewesen. „Da bekommt man wieder Bodenhaftung im täglichen Stress und in der Hektik und kann darüber nachdenken, wo die wahren Fragen des Lebens sind“, sagte er bewegt.
Stefan Raab schloss sich den Worten seines Vorredners an. „Es gab Parallelen, aber auch viel Neues und Unterschiedliches“, befand er und übergab Präsente für die Gastgeber. Bevor die Chamer die Heimreise antraten, genoss die Delegation noch die Einladung zum Mittagessen in der „Penzion U Josefa“, wo die letzten offenen Fragen geklärt werden konnten.
Hintergrund: Das Koordinierungszentrum Tandem
- Beziehungen: Das Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch Tandem unterstützt die gegenseitige Annäherung und die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen jungen Menschen aus Deutschland und Tschechien.
- Austausch: Im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales fördert Tandem einen intensiven Fachkräfteaustausch zwischen bayerischen und tschechischen Kindergärten, Kindertagesstätten und Horten.