Digitalisierung: Das BRK baut die Kooperation mit Tschechien aus
Grenzüberschreitender Rettungsdienst: Der Begleitausschuss hat grünes Licht für ein drittes INTERREG-Projekt gegeben. Mit der Entscheidung könne das BRK von Furth im Wald aus „mit einer Reihe von Innovationsthemen neu durchstarten“, erklärt Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner. Das Hauptaugenmerk gilt in den nächsten drei Jahren dem Ausbau der zweisprachigen Kommunikation „auf allen Kanälen“ und nicht zuletzt der Frage, wie sich Künstliche Intelligenz gewinnbringend einsetzen lässt.
Von Frank Betthausen
Cham. Volle Kraft voraus für die Zusammenarbeit mit Tschechien: Der Begleitausschuss für die INTERREG-Projekte hat bei seiner Sitzung in Jáchymov grünes Licht für ein vom BRK Cham beantragtes Digitalisierungs-Projekt gegeben. Die frohe Kunde überbrachte der Regierungspräsident der Oberpfalz, Walter Jonas, an diesem Montag mit Bezirkstagspräsident und Landrat Franz Löffler bei seinem Besuch in der BRK-Kreisgeschäftsstelle.
Mit dem Vorhaben soll in den nächsten drei Jahren die grenzüberschreitende Kooperation mit dem Rettungsdienst der Region Pilsen über das Tagesgeschäft hinaus weiterentwickelt werden – beispielsweise über eine zweisprachige Einsatzdokumentation, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kommunikation oder den Wissenstransfer in Form von Praktika und Übungen.
Laut Jonas „alles wichtige Themen für die ganze bayerische Grenzregion zu Tschechien“. Der Gast aus Regensburg stellte in Cham die Bedeutung des gemeinsamen Wirtschaftsraums, die Rolle der vielen Pendler und das Zusammenwachsen als Tourismusregion heraus.
Auf ein absolutes Minimum reduziert
Die grundlegenden Strukturen für den Grenzüberschreitenden Rettungsdienst in Furth im Wald waren seit 2016 über zwei erste INTERREG-Projekte geschaffen worden.
Nach dem Auslaufen der Förderung Ende 2022 – INTERREG ist eine Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung – hatte das Bayerische Rote Kreuz das Kompetenz- und Koordinierungszentrum (CCC) für den grenzüberschreitenden Rettungsdienst zwischen Bayern und Tschechien in der Drachenstich-Stadt seit Januar über eine Zwischenfinanzierung weitergetragen.
„Wir haben die Arbeit in diesem Jahr allerdings auf ein absolutes Minimum an Basis- und Kernprozessen reduzieren müssen“, erläuterte BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner. Mit dem in Jáchymov gefassten Beschluss und der INTERREG-Projekt-Finanzierung könne das Rote Kreuz mit einer Reihe von Innovationsthemen neu durchstarten.
„Das BRK geht an dieser Stelle mit der Zeit. Wir stellen uns Zukunftsfragen, etwa dem Einsatz Künstlicher Intelligenz, und lassen sie in die bewährte Kooperation mit den Rettungsdienstkollegen aus Tschechien einfließen“, erklärte BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner.
Theo Zellner: „Ein hochsolides Fundament“
Das Projekt „Digitalisierung und Harmonisierung“ sei losgelöst von der Bestandsarbeit im Rettungszentrum Furth im Wald zu sehen, baue aber auf dem engen Austausch und dem in den vergangenen Jahren erarbeiteten „hochsoliden Fundament“ auf.
Dass der BRK-Kreisverband wiederum Leadpartner sei, freue ihn sehr. Genauso wie der Umstand, dass die Projektentwicklung und -betreuung weiterhin von Furth im Wald aus erfolge – auch wenn die strategische Projektleitung zum 1. Januar auf BRK-Landesebene verlegt werde.
„Dadurch wird die Wichtigkeit für den gesamten bayerischen Grenzraum unterstrichen“, betonte Zellner. Das Rote Kreuz sei dabei nicht nur Taktgeber für Bayern. Auch der Dialog mit Sachsen werde sich intensivieren, kündigte der frühere BRK-Präsident an und verwies in diesem Zusammenhang auf „die wichtige Rolle“ der EUREGIO EGRENSIS und der EUREGIO Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn.
Beide Organisationen, die sich für den grenzüberschreitenden Austausch auf kommunaler Ebene stark machten, seien „assoziierte Partner“.
Landesgeschäftsführerin spricht von „Pionierarbeit“
Von den Erfolgen der ersten beiden INTERREG-Projekte hatte sich Zellner zuletzt bei einem Besuch in Pilsen zusammen mit Dr. Elke Frank, der Landesgeschäftsführerin des Bayerischen Roten Kreuzes, überzeugt.
Sie begrüßte die Entscheidung des Begleitausschusses: „Hier in Furth im Wald wurde in den letzten Jahren Pionierarbeit in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geleistet. Wo früher Patienten an der Grenze umgeladen werden mussten, erfolgt heute die notfallmedizinische Versorgung im Grenzgebiet ohne weitere Hürden“, sagte sie.
Die Abläufe seien professionalisiert und digitalisiert worden, um den Austausch zwischen tschechischen und bayerischen Rettungskräften und ihren Leitstellen zu vereinheitlichen und weitgehend zu automatisieren. Das Kompetenz- und Koordinierungszentrum werde auch in Zukunft „eine wichtige und tragende Rolle spielen, um das Netzwerk der beteiligten Rettungsdienste weiter auszubauen, Sprachbarrieren zu überwinden und die Rettung von Menschenleben grenzüberschreitend zu ermöglichen“.
Franz Löffler: „Auf eine neue Ebene heben“
Landrat und Bezirkstagspräsident Franz Löffler sieht in der jüngsten Entwicklung die große Chance, die bisherigen Aktivitäten des Kompetenz- und Koordinierungszentrums auf eine breitere Basis zu stellen. „In den vergangenen Jahren wurde hier unheimlich viel erreicht. Mit dem Thema Digitalisierung kann der Grenzüberschreitende Rettungsdienst nochmals auf eine neue Ebene gehoben werden“, sagte Löffler.
Helfen müsse ohne Hindernisse möglich sein, unterstrich der CSU-Politiker. Und: „Leben retten hier und drüben muss das Wichtigste sein.“
Laut Manfred Maurer, dem Leiter des CCC, wird es im neuen Interreg-Projekt, das vom Bayerischen Wirtschaftsministerium mitverwaltet wird, insbesondere um den Ausbau der zweisprachigen Kommunikation „auf allen Kanälen“ gehen. „Das Prinzip der Bilingualität zieht sich wie ein roter Faden durch die eingereichten Vorhaben“, sagte er.
Neben dem Aufbau einer Notruf-App für den Grenzraum ist nach seiner Darstellung eine Digitalisierung des bisher nur in Papierform vorliegenden Klinik-Atlas geplant. Nutzer hätten über diesen Service beziehungsweise das Portal die Möglichkeit, auf ihrem Smartphone unkompliziert nach der nächstgelegenen Klinik oder dem nächstgelegenen Arzt zu suchen – auf beiden Seiten der Grenze.
Zweisprachige Datenerfassungsgeräte
Einer der Hauptbestandteile des Projekts sei eine gemeinsame deutsch-tschechische Einsatzdokumentation. Ziel ist es, wie Maurer aufzeigte, den Besatzungen von Rettungsfahrzeugen zweisprachige Datenerfassungsgeräte zur Verfügung zu stellen.
„Damit hätte eine deutsche Crew, die einen tschechischen Patienten mit dem Rettungswagen in eine Klinik in dessen Heimatland bringt, die Möglichkeit, vor Ort per Knopfdruck bequem eine übersetzte Transport-Dokumentation auszudrucken – und umgekehrt“, verdeutlichte er.
Zum Projekt-Auftrag gehören darüber hinaus Kurzzeit-Praktika, über die unter anderem Einsatzleiter die Gelegenheit bekommen sollen, für einen Tag im Nachbarland mitzuarbeiten und im jeweiligen Rettungsdienst mitzufahren.
Weiterentwickelt werden sollen außerdem die sogenannten Salvator-Übungen, bei denen Rettungsdienst-Mitarbeiter aus Deutschland und Tschechien im direkten Miteinander Patienten versorgen und einem Krankenhaus übergeben. Die Trainings wären im Simulationszentrum in Regensburg vorgesehen.