„Not-Wenden”: Skulptur steht für die sieben Grundsätze
Dr. Hans Schneider und Franz Rackl haben aus einem Kirschbaum-Stamm ein Kunstwerk für das Foyer der Kreisgeschäftsstelle in Cham geschnitzt. Es symbolisiert den Hilfsauftrag des Roten Kreuzes und führt in den Augen von Kreisvorsitzendem Theo Zellner „die Ellbogen-Gesellschaft ad absurdum". Das Holz lieferte Mich Daiminger mit dem Bulldog an.
Von Frank Betthausen
Cham. Das Foyer der BRK-Kreisgeschäftsstelle war seit der Eröffnung der neuen Räume in der Further Straße im Herbst 2020 eher karg ausgestattet. Im Lehrsaal, der durch den Vorraum betreten werden kann und für Erste-Hilfe-Kurse und andere Veranstaltungen mit öffentlichem Charakter vorgesehen wäre, herrschte bisher kein Schulungs-, sondern ausschließlich Schnelltest-Betrieb. Die Zahl der offiziellen Besucher hielt sich in Corona-Zeiten in Grenzen, der Publikumsverkehr ging gegen null.
So dauerte es bis zum Sommer 2022, ehe BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner und stellvertretender Kreisvorsitzender Dr. Hans Schneider die Köpfe zusammensteckten und sich Gedanken darüber machten, wie das Foyer aufgewertet werden könnte.
Das Ergebnis der Überlegungen präsentierten die beiden jetzt zusammen mit BRK-Kreisvorsitzendem Theo Zellner der Öffentlichkeit: eine geschnitzte, etwa 1,30 Meter hohe Skulptur mit dem Titel „Not-Wenden“. Schneider und sein Freund Franz Rackl, mehr als 40 Jahre lang Lehrer am Fraunhofer-Gymnasium, hatten sie entworfen und aus Kirschbaumholz gefertigt.
Ein Hobby, das begeistert
Die Chamer, die in ihrer Freizeit begeistert schnitzen, hatten sich von den sieben weltweit gültigen Grundsätzen der Rot-Kreuz-Bewegung inspirieren lassen und wollen sie den Gästen der BRK-Kreisgeschäftsstelle bildlich nahebringen. Die Schlagworte lauten: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität.
„Ich bin ein begeisterter Anhänger dieser Grundsätze und verstehe das Rote Kreuz als berufen dafür, die Not zu wenden“, erklärte Schneider das Werk und dessen Titel bei der Vorstellung. Der Gedanke, weltumspannend zu helfen und Menschlichkeit zu zeigen, komme darin ausdrucksstark zum Tragen.
Auf der einen Seite stehe der, der überzeugt helfe – der seine Arme ausbreite, um die Not aufzufangen und „zu wenden“. Auf der anderen Seite zeige das Kunstwerk den, der seinem Helfer den Oberkörper entgegenrecke und sich in die Hilfe hineinfallen lassen könne. All das stehe auf einer sicheren Grundlage, die alles trage: einem (Roten) Kreuz.
Eine Kette von Zufällen
Laut Schneider entstand die Skulptur „aus einer Kette von Zufällen“. Sie begann damit, dass die Tochter des früheren BRK-Rettungsdienstleiters Mich Daiminger mit ihrem Mann Haus baute. Auf dem Grundstück der beiden stand ein Kirschbaum, der für das Vorhaben weichen musste.
Daiminger, der davon wusste, dass der frühere Chefarzt der Anästhesie am Chamer Krankenhaus seit 40 Jahren beim Schnitzen Entspannung findet, brachte ihm den Kirschbaum mit dem Bulldog vorbei.
Als der 76-Jährige den Stamm trennte, damit das Holz nicht springt und keine willkürlichen Risse darin entstehen, zeigte der Baum eine besondere Gabelung. Sie ließ in der Fantasie von Schneider und Franz Rackl, der bei der Präsentation verhindert war, das spätere Rot-Kreuz-Motiv heranreifen.
Der eine hat die Ideen, der andere die Werkstatt
„Er hat wahnsinnig viele Ideen und ich habe eine große Werkstatt“, sagte der stellvertretende BRK-Kreisvorsitzende über seinen Künstler-Kollegen. So entstanden das Wortspiel von der „Not-Wendigkeit“ und der eigentliche Titel „Not-Wenden“, der an der Wand hinter der Skulptur auf einer Tafel verewigt ist – ergänzt um die sieben Rot-Kreuz-Grundsätze. Vor der künstlerischen Umsetzung hatte Franz Rackl zunächst ein Plastilin- und danach ein Holzmodell gestaltet.
Theo Zellner äußerte sich bei einem Ortstermin in der Further Straße begeistert von der Arbeit Schneiders und Rackls. „Die Symbolik kommt perfekt zum Ausdruck“, sagte der BRK-Kreisvorsitzende. Die Skulptur treffe das Motto des Roten Kreuzes, Menschen zu helfen, hundertprozentig. Die Ellbogen-Gesellschaft werde mit der Darstellung ad absurdum geführt. „Ich hoffe, dass sich der eine oder andere Zeit nimmt und sich seine Gedanken dazu macht“, sagte Zellner.
Hans Schneider äußerte sich bescheiden wie immer. Er erhebe keinen künstlerischen Anspruch, erklärte er. „Wenn es gefällt, ist es schön. Wenn nicht, ist es auch gut!“