Ohne soziale Berufe käme die Gesellschaft ins Wanken
Bei der Eröffnung der Berufsmesse CHAM Sozial richten die Redner leidenschaftliche Appelle an die Öffentlichkeit. „Die sozialen Berufe müssen viel stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken, sonst können unser Alters- und Gesundheitssystem und Gerechtigkeit in der Gesellschaft nicht funktionieren“, betont BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner.
Von Frank Betthausen
Cham. Das Interesse war riesig: Mehr als 700 junge Menschen hatten sich für die CHAM Sozial, die Messe für soziale Berufe, angemeldet, die an diesem Dienstag in der Kreisstadt über die Bühne ging. Viele von ihnen kamen in der Sporthalle des Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasiums, wo sich 28 Aussteller mit ihrem Ausbildungs- und Studienangebot präsentierten, am BRK-Stand vorbei.
Ausbildungsbeauftragte Alexandra Dostal und ihre Kollegin Monika Nothaas warben dort bei den jungen Besuchern leidenschaftlich für eine Laufbahn in der Pflege. Die Notfallsanitäter-Schüler Kristina Voith und Matthias Heimann standen den Schülern mit der gleichen Begeisterung in ihrem Rettungswagen, der auf dem Vorhof der Schule geparkt war, für Fragen zu einer Karriere im Rettungsdienst zur Verfügung.
„Man kann nicht genug tun"
BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner und Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner bedankten sich beim offiziellen Rundgang mit Landrat Franz Löffler bei den Rot-Kreuz-Kollegen für ihren Einsatz während der sechsstünden Veranstaltung, zu deren Programm 20 Expertenvorträge im generalsanierten Stammgebäude der FOS/BOS gehörten.
„Man kann nicht genug tun, um den sozialen Berufen eine andere Wertigkeit zu geben“, sagte Zellner am Rande der Eröffnungsfeier. Das gesellschaftliche Ranking und die Skala der Beliebtheit von Berufen, forderte er, müssten dringend umgedreht werden.
Die sozialen Berufe – und dazu trage die Messe CHAM Sozial bei – müssten viel stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken. „Sonst können unser Alters- und Gesundheitssystem und Gerechtigkeit in der Gesellschaft nicht funktionieren“, betonte der frühere BRK-Präsident.
Franz Löffler hatte in seiner Begrüßungsrede allen Menschen, die in diesem Sektor tätig sind, seinen „größten Respekt“ bekundet. „Wer in einem solchen Beruf Erfüllung findet, der hat für sein Leben ausgesorgt“, ermunterte er Jugendliche, diesen Karriereweg einzuschlagen. Löffler plädierte leidenschaftlich für ein verpflichtendes soziales Jahr und sprach von einem „Champions League- und Premium-Berufsfeld mit höchsten Aufstiegsmöglichkeiten“.
Vom Lernen „auf dem harten Weg"
Barbara Dietzko, Leiterin des Beruflichen Schulzentrums Cham, sah im Fachkräftemangel gerade für Einrichtungen im sozialen Bereich eine ernste Bedrohung. „Wir lernten auf dem harten Weg“, meinte sie über die Erfahrungen der Pandemie und kritisierte, dass die Arbeit in der Branche „zu oft als selbstverständlich“ angesehen worden sei. „Gesundheit ist Herzenssache“, meinte sie.
Uwe Mißlinger, Schulleiter des Fraunhofer-Gymnasiums, berichtete von seiner Frau, die sich nach einem Lebensmittel- und Biotechnologie-Studium dafür entschieden hatte, Heilerziehungspflegerin zu lernen. „Sie hat eine Freude an diesem Beruf, das ist unfassbar“, erzählte er und sandte über das Beispiel aus seinem persönlichen Umfeld die Botschaft an junge Leute aus, „die sozialen Berufe nicht außer Acht zu lassen“.