Ab April brechen schöne, neue Bergwacht-Zeiten an

In der Bergrettungswache in Neukirchen b. Hl. Blut fehlt es in jeder Ecke an Platz und Stauraum – nicht einmal in ihre Fahrzeuge können die Aktiven noch richtig einsteigen. Für Abhilfe soll ab dem Frühjahr ein Erweiterungsbau sorgen, für den die Bereitschaft selbst 100 000 Euro aufbringt. BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner überbrachte vor wenigen Tagen einen Förderbescheid des BRK Cham und lobte die Zusammenarbeit zwischen den Bergrettern und der Marktgemeinde. „Die Kommune erkennt, wie wichtig es ist, dass man im Ehrenamt Leute hat, auf die man sich verlassen kann“, sagte er.

Von Frank Betthausen

Neukirchen b. Hl. Blut. Wer nachvollziehen möchte, warum die Aktiven der Bergwacht Neukirchen b. Hl. Blut der Erweiterung ihrer Bergrettungswache ab dem Frühjahr entgegenfiebern, der sollte Jessica Riederer dabei zuschauen, wie sie den Einsatzbus in der Garage besteigt. Der stellvertretenden Bereitschaftsleiterin bleibt – wie ihren Kollegen – nichts anderes übrig, als aus Platznot über die Beifahrerseite in den VW-Transporter zu klettern. Die Fahrertür lässt sich durch die Nähe zur Wand nicht weit genug öffnen.

„Wir gewinnen durch die Pläne rund 35 Quadratmeter hinzu und haben künftig von der Grundfläche her ungefähr dreimal so viel Platz wie bisher.“ Bereitschaftsleiter Martin Fischer

Da ist es wenig verwunderlich, dass der Wagen auch nur im Freien be- und entladen werden kann. An allen Ecken und Enden gehen der Bergwacht die Lagermöglichkeiten aus. Die Schränke quellen über – und wegen der parkenden Fahrzeuge, zum T6 kommen das Quad und ein Motorrad, sind die Ausrüstungsgegenstände nur auf „Umwegen“ erreichbar.

Es wird allerhöchste Zeit für einen Neubau und einen mutigen Schritt in die Zukunft. Davon konnten sich BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner, Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner und Referatsleiter Stefan Raab überzeugen, als sie sich vor wenigen Tagen von Riederer und Bereitschaftsleiter Martin Fischer die Situation vor Ort zeigen und ausführlich beschreiben ließen.

Ein „virtueller Spatenstich“

Zellner nutzte seinen Besuch im Hohenbogenwinkel, um den beiden Bergrettern in Anwesenheit von Bürgermeister Markus Müller – die Bergrettungswache ist Teil des kommunalen Rettungszentrums in der Marktgemeinde – einen Förderbescheid über 30 000 Euro zu überreichen.

Mit dem Geld unterstützt der BRK-Kreisverband das Vorhaben in Neukirchen b. Hl. Blut, das Fischer den Gästen im Detail erläuterte – bei einer Art „virtuellem Spatenstich“, wie es Zellner formulierte.

Das Projekt, das Investitionen von rund 450 000 Euro mit sich bringt, trägt den Namen „Herzensangelegenheit“ und gliedert sich in drei Phasen. Bauherr ist die Kommune.

Förderprogramm LEADER als wichtigste Stütze

Die Hälfte der Kosten soll über das bekannte Förderprogramm LEADER zur Entwicklung ländlicher Regionen in Bayern fließen. Etwa 100 000 Euro schießt die Marktgemeinde zu, der gleiche Betrag wird von der Bergwacht beschafft oder über Eigenleistungen beigesteuert.

Start ist laut Fischer idealerweise im April mit dem Teilabbruch des Garagenanbaus. Er wird durch einen Neubau ersetzt, der völlig neue Parkverhältnisse schaffen und genug Stauraum für medizinisches und sensibles Material bieten wird.

„Wir gewinnen durch die Pläne rund 35 Quadratmeter hinzu und haben künftig von der Grundfläche her ungefähr dreimal so viel Platz wie bisher“, verdeutlichte der Bereitschaftsleiter.

Im zweiten Bauabschnitt ist vorgesehen, auf der Grünfläche hinter dem Haus ein sechs auf acht Meter großes, frostfreies Lagergebäude zu errichten. Der Zuwachs an Platz beläuft sich damit auf insgesamt 83 Quadratmeter.

Teil drei der Arbeiten umfasst die Gestaltung der Außenanlagen. Dabei sollen rund um die Bergwacht-Zentrale nicht zuletzt zusätzliche Stellplätze entstehen. „Das wird die Parksituation entschärfen“, sagt Fischer. „Es ist oft schon grenzwertig, wenn nur eine Organisation eine Veranstaltung hat. Aber wenn dann auch noch die Feuerwehr nebenan einen Termin hat oder Einsätze parallel laufen, platzt das Grundstück aus allen Nähten.“

Im Freien wird darüber hinaus ein Übungsschacht angelegt, den Neukirchens Floriansjünger und die Bergwacht nutzen können, um die Personenrettung aus besonders misslichen Lagen zu trainieren. Dazu kommen weitere Übungsflächen, die ganz nebenbei die Möglichkeit bieten, bei besonderen Vorkommnissen einen abgetrennten Bereich zu schaffen, in dem die örtliche Einsatzleitung ungestört arbeiten kann.

Zu guter Letzt nutzt die Bergwacht die Gelegenheit, ihren Ausbildungs- beziehungsweise Bereitschaftsraum und die Küche zu renovieren. Die Ausstattung wird auch auf den neuesten Stand gebracht, um den eigenen Mitgliedern und der Bevölkerung moderne Schulungsmöglichkeiten bieten zu können.

„Es geht nicht nur um einen Stellplatz, sondern es geht um ein Konzept“, zeigte Markus Müller auf. Die „Herzensangelegenheit“, die als Titel des LEADER-Projekts genannt werde, solle weit mehr sein als nur Technik und Gebäude.

Müller: „Die Mutter unterstützt ihr Kind“

Die Bergwacht habe dafür gesorgt, dass über die ganze Marktgemeinde verteilt mittlerweile acht Früh-Defibrillatoren positioniert worden seien. Über ihre Initiative „Herzklopfen“ schulten die Aktiven mit Erfolg und Hingabe Vereine und Organisationen.

„Um dem eine Heimat zu geben, gibt es den Anbau und die Erweiterung“, erklärte das Gemeindeoberhaupt und dankte dem BRK-Kreisverband für die finanzielle Beteiligung und dafür, „dass die Mutter ihr Kind unterstützt“.

„Ich bin froh und dankbar, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten Organisationen wie die Feuerwehr oder wie in diesem Fall die Bergwacht haben, die nicht nur im Winter den Vorsorgedienst am Hohenbogen leistet, sondern das ganze Jahr über rund um die Uhr da ist, wenn Menschen in Not sind“, betonte Müller, der die 450 000 Euro bestens angelegt sieht.

„Man muss nicht nur helfen wollen, man muss auch helfen können. Man braucht die Kompetenz dazu.“ BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner

Gerade deswegen, weil das gesamte, 1995 eingeweihte Rettungszentrum aufgewertet werde. Die Investition in die kommunale Liegenschaft komme in Teilen auch der Feuerwehr zugute. „Wir werden die Gelegenheit dieser Baumaßnahme nutzen, um die Außenanlagen wieder auf den aktuellen Stand der Dinge zu bringen“, kündigte der Bürgermeister an.

Theo Zellner äußerte sich beeindruckt darüber, wie die Marktgemeinde mit ihren Rettungsorganisationen zusammenarbeite.

„Die Kommune erkennt, wie wichtig es ist, dass man im Ehrenamt Leute hat, auf die man sich verlassen kann“, sagte der Kreisvorsitzende.

Die ehrenamtlichen Gemeinschaften seien das Rückgrat des Roten Kreuzes. „Das ist nicht bloß nach außen gesagt, sondern zeigt sich im Alltag immer wieder“, meinte der langjährige BRK-Präsident und kam auf die gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre zu sprechen.

Das Freizeitverhalten der Menschen laufe immer mehr auf individuelle Sportarten hinaus, die für die Bergwacht und andere Rot-Kreuz-Gemeinschaften großen Aufwand erforderten.

„Die Gesellschaft erwartet es heutzutage schon fast, dass immer jemand da ist, der hilft, wenn es notwendig ist“, sagte Zellner, der die Bergwacht als einen „ganz wichtigen Baustein des Katastrophenschutzes im Landkreis“ bezeichnete.

Ausbildungsfragen als ein wichtiges Argument

Ein wichtiges Argument für das Bauprojekt in Neukirchen sah der Altlandrat in Ausbildungsfragen. „Man muss nicht nur helfen wollen, man muss helfen können. Man braucht die Kompetenz dazu“, betonte er und sprach den Bergrettern seinen Respekt dafür aus, dass sie ihre Aufgaben für die Allgemeinheit neben ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit erfüllten.

„Und wenn ihr euch schon so einsetzt, ist es für die Gesellschaft, für die Politik und die Verbände fast schon eine Notwendigkeit, dass man euch das entsprechende Rüstzeug an die Hand gibt“, meinte er.

Läuft alles nach Plan, steht es den Neukirchner Bergrettern noch heuer zur Verfügung. Das Bauvorhaben Am Hungerbühl soll bis Ende 2024 abgearbeitet sein…