Jeder kann immer und überall als Ersthelfer gefordert sein

Oft erinnern Unfälle im eigenen Umfeld oder Medienberichte zu größeren Unglücken Menschen daran, dass sie dringend einen Erste-Hilfe-Kurs zur Auffrischung bräuchten. „Doch warum muss immer etwas passieren, bevor man etwas tut?“, fragt sich Stefan Raab, der als Referatsleiter den Bereich Breitenausbildung beim BRK Cham verantwortet. Mit seiner Mitarbeiterin Katrin Zollner und Lehrkraft Helene Filimon präsentierte er dem stellvertretenden Kreisvorsitzenden Dr. Hans Schneider vor wenigen Tagen die Kursbilanz des vergangenen Jahres. Dabei freute sich das Rot-Kreuz-Team über „herausragende Zahlen“.

Von Maja Schoplocher

Cham. Die Zahlen sind beachtlich: Rund 7200 Menschen haben im Jahr 2023 in 512 Kursen an verschiedensten Erste-Hilfe-Angeboten des BRK Cham teilgenommen. Die aktuelle Statistik und der erneute Anstieg lassen Stefan Raab, Leiter des Referats Breitenausbildung, und seine Mitarbeiterin Katrin Zollner strahlen. Doch die blanken Zahlen sind ihnen gar nicht so wichtig. Viel lieber wollen sie die Gelegenheit nutzen, um eine Botschaft zu vermitteln, die ihnen besonders am Herz liegt.

„Erste Hilfe ist Hilfe ohne Hilfsmittel. Im Notfall haben Ersthelfer höchstens einen Verbandskasten und ein Mobiltelefon zur Hand – eventuell einen Frühdefibrillator.“ Referatsleiter Stefan Raab

Nämlich die, wie unentbehrlich Erste Hilfe ist! Jeder solle und müsse sich darüber bewusst sein, wie schnell er immer und überall zum Ersthelfer werden könne.

Darauf wiesen die beiden auch hin, als sie dem stellvertretenden Kreisvorsitzenden Dr. Hans Schneider kürzlich zusammen mit Lehrkraft Helene Filimon die Kursbilanz für 2023 überreichten.

Erste Hilfe sei eine „Hilfe ohne Hilfsmittel“, meint Raab. Im Notfall hätten Ersthelfer „höchstens einen Verbandskasten und ein Mobiltelefon“ zur Hand – eventuell einen Frühdefibrillator. Deshalb schulen die Lehrkräfte in seinem Referat nach den Sinnen Sehen, Hören und Fühlen.

Was das bedeutet? „Wenn ich meinen Kopf über das Gesicht des Erkrankten beuge, schaue ich auf seinen Brustkorb, um zu überprüfen, ob er sich hebt oder senkt. Ich höre, ob ich Atemgeräusche wahrnehme – und ich fühle, ob ich an der Wange den Atem spüre“, erläutert der Rot-Kreuz-Vertreter.

Im Ernstfall zählt Besonnenheit

Diese Grundlagen müssten immer wieder trainiert werden. Schließlich müssten Ersthelfer im Ernstfall besonnen reagieren können. Mit dem breiten Kursprogramm wolle das BRK alle Teilnehmer von Jung bis Alt auf solche Ausnahmesituationen vorbereiten – so gut dies eben möglich sei.

Oft erinnern Unfälle im eigenen Umfeld oder Medienberichte zu größeren Unglücken Menschen daran, dass sie einen Erste-Hilfe-Kurs zur Auffrischung brauchen. „Doch warum muss immer etwas passieren, bevor man etwas tut?“, fragt sich Raab.

Wie schnell aus der Theorie Praxis werden kann, haben erst neulich die Beschäftigten eines Betriebes aus dem Landkreis erleben müssen, erzählt er. Nur wenige Tage nach einem Erste-Hilfe-Kurs mussten Angestellte die eigene Kollegin reanimieren.

Durch ihr beim Roten Kreuz erworbenes Wissen und das schnelle Eingreifen konnten sie mögliche Folgeschäden bei der Betroffenen abwenden.

Dabei werden die betrieblichen Notfallkurse laut Raab oft eher ungern besucht oder sogar als lästig empfunden. „Doch solche lebensrettenden Maßnahmen könnten mit Geld nicht aufgewogen werden und zeigen, wie wichtig eine regelmäßige Schulung ist“, sagt der Referatsleiter.

Grundsätzlich bietet das BRK Cham für Firmen – aufbauend auf Grundkenntnissen – individuelle Kurse an. Denn: Jeder Betrieb hat andere Gefahrenschwerpunkte und mögliche Notfallsituationen. Oder wie Stefan Raab es ausdrückt: „Wir machen alles möglich.“

Dazu zählt auch ein neuer Kurs, der sich speziell an Menschen mit Handicap richtet. Bei der „Ersten Hilfe für Gehörlose“, die sich seit geraumer Zeit beim BRK Cham im Schulungsprogramm findet, unterwiesen die Lehrkräfte 2023 in acht Kursen 90 Teilnehmer.

„Ich würde gerne die Erste-Hilfe-Kurse im Sport und in den Vereinen wieder aufnehmen.“ Sachbearbeiterin Katrin Zollner

Dass Erste Hilfe alle betrifft, zeigte sich im vergangenen Jahr auch wieder bei der Ausbildung im Kindergarten. Zwölf „Trau Dich“-Kurse, bei denen 136 Mädchen und Jungen altersgerecht geschult wurden, fanden beim BRK statt.

Ein schöner Nebeneffekt: Die Besichtigung eines Rettungswagens und das Probeliegen auf einer Rettungstrage können dazu beitragen, dass ein Kind im Notfall weniger Angst hat. Das hilft den Rettungskräften im Ernstfall immens.

An Schulen ist das BRK Cham ebenfalls stark vertreten. So üben Lehrer regelmäßig die „Erste Hilfe am Kind“. Aber auch die Schüler selbst lernen im Schulsanitätsdienst, was im Notfall entscheidend ist. Im Jahr 2023 gab es insgesamt 18 Erste-Hilfe-Kurse in Bildungs- und Betreuungsstätten – mit 245 Teilnehmern.

Große Zufriedenheit über die Teilnehmerzahlen

Unter dem Strich war das Jahr 2023 rückblickend für Katrin Zollner und Stefan Raab „herausragend“, und beide sind sehr zufrieden mit den Teilnehmerzahlen und dem Engagement aller. In diesem Zusammenhang ist es dem Leiter der Breitenausbildung wichtig, den „aktiven und hochqualifizierten Lehrkräften“ seinen „größten Respekt und Dank“ auszusprechen.

Sie in die Weiterentwicklung des Angebotes einzubinden, ist ihm ein wichtiges Anliegen. So gibt es beispielsweise auf deren Wunsch hin neue Phantome – also Erste-Hilfe-Reanimationspuppen.

Dabei bleibt das Rote Kreuz generell immer auf dem neuesten Stand der Technik: Mithilfe einer App kann jeder Teilnehmer während der Kurse sehen, wie der Druckrhythmus seiner Wiederbelebung war und worauf er noch mehr achten sollte.

Für die weitere Zukunft hat Katrin Zollner auch schon Pläne. „Ich würde gerne die Erste-Hilfe-Kurse im Sport und in den Vereinen wieder aufnehmen“, sagt sie.

Damit dürften auch die Statistiken der kommenden Jahre bei ihr und Stefan Raab für Freude sorgen…