„Was Sie hier leisten, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen“

Das Haus am Klosterberg mit seinen Beratungsangeboten für psychisch belastete und psychisch kranke Menschen ist nicht unbedingt täglich in den lokalen Medien vertreten. Dennoch sei es um keinen Cent weniger wichtig als andere Rot-Kreuz-Bereiche, betont Kreisvorsitzender Theo Zellner bei einem Besuch in der Ludwigstraße in Cham. Im Gespräch mit Leiter Markus Rappl und den Mitarbeitern der Einrichtung erfährt der langjährige BRK-Präsident von einem „absoluten Zulauf“ bei den Klienten und einer Reihe an gesellschaftlichen Veränderungen. Insbesondere Mobbingfälle nähmen zu.

Von Maja Schoplocher

Cham. Blaulichtfahrten und Katastrophenschutz-Einsätze – Bilder davon stehen oft groß in der Presse. Dabei wird gerne übersehen, dass das Bayerische Rote Kreuz deutlich vielfältiger ist. Ein Beispiel dafür ist das Haus am Klosterberg mit seinen Beratungsangeboten für psychisch belastete und psychisch kranke Menschen. „Es ist in den Medien oft nicht stark vertreten, aber um keinen Cent weniger wichtig.“ Diese Botschaft liegt Kreisvorsitzendem Theo Zellner bei seinem Besuch in der Chamer Ludwigstraße am Mittwoch besonders am Herzen.

„Sie führen Menschen aus einer schwierigen Lebenslage heraus in eine stabilere Situation. Das ist eine großartige Leistung.“ BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner

„Die Bedeutung dessen, was Sie hier leisten, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen“, sagt er vor den Beschäftigten, die sich an diesem Tag bis auf eine verhinderte Kollegin vollzählig versammelt haben.

Der BRK-Einrichtung und dem Redemptoristen-Kloster, in dem sie sich befindet, fühlt sich Zellner nach eigenen Worten schon immer eng verbunden. Nicht zuletzt durch seine frühere Arbeit als Landrat und die benachbarte Landkreismusikschule. So beschreibt er, dass „der Geist dieses Ortes hier weht“ – durch die Freude an der Musik und besonders durch den Dienst am Menschen. „Für mich ist das ein Ort, den ich in meinem Herzen trage“, sagt er.

Der langjährige BRK-Präsident streicht bei dem Treffen mit den Mitarbeitern die Bedeutung ihres Wirkens für die Gesellschaft heraus. Betroffene würden hier in ihrer Individualität gesehen und beraten. „Sie führen Menschen aus einer schwierigen Lebenslage heraus in eine stabilere Situation. Das ist eine großartige Leistung“, meint Zellner.

Die Tätigkeit wird immer herausfordernder

Dabei wird die Tätigkeit immer herausfordernder. Markus Rappl, der Leiter des Hauses am Klosterberg, spricht gerade für den Sozialpsychiatrischen Dienst von einem „absoluten Zulauf“ bei den Klienten. „Die Mitarbeiter sind wirklich an der Grenze“, sagt er mit Blick auf die Fallzahlen, die bald wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht hätten.

Als einen Grund führt Rappl an, dass es in der Region immer noch zu wenig Psychotherapeuten beziehungsweise freie Behandlungsplätze gebe. „Die Menschen überbrücken dann die Wartezeit bis zum Beginn der Therapie mit den Beratungsangeboten des Sozialpsychiatrischen Dienstes“, berichtet er.

Darüber hinaus seien alle Abteilungen in der Nachsorge stationärer Patienten stark in Anspruch genommen. Ein Umstand, der ihn die gute Zusammenarbeit mit den Kliniken loben lässt.

Von gesellschaftlichen Veränderungen, die ihr Schaffen beeinflussen, erzählen auch Rappls Mitarbeiter. So werden die Klienten immer jünger, meint Julia Preißer, die darin jedoch auch eine neue Offenheit im Umgang mit dem Thema erkennt.  „Man holt sich eher Hilfe, die Akzeptanz für eine psychische Erkrankung ist höher geworden“, sagt sie.

„Ihr seid im Roten Kreuz nicht immer an der vordersten Linie. Aber ihr seid eine wichtige Linie und ein wichtiger Baustein im System des Kreisverbands.“ Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner

Auf der anderen Seite nähmen insbesondere Mobbingfälle zu. Und: Oft fange das familiäre Umfeld die Menschen nicht mehr so auf wie früher. Dazu kämen Leistungsdruck und der Einfluss der sozialen Netzwerke. Preißer spricht vom „ständigen Vergleichen mit anderen“ in den sozialen Medien und „dem Gefühl, nicht mehr mitzukommen“. Insgesamt gebe es jedoch eine „große Bandbreite an Gründen, wieso psychische Probleme auftreten“.

Ein Projekt, das für die Vielfalt des BRK steht

Die Zusammenarbeit mit dem Kreisverband sei in allen Bereichen unproblematisch, lobt Markus Rappl den Austausch mit Theo Zellner und Manfred Aschenbrenner. „Die Kreisgeschäftsführung ist für mich die sichere Basis“, sagt er.

Aschenbrenner selbst spiegelt das zurück. „Ihr seid im Roten Kreuz nicht immer an der vordersten Linie“, sagt er über die Arbeit des Teams, die eher im Hintergrund geschehe. „Aber ihr seid eine wichtige Linie und ein wichtiger Baustein im System des Kreisverbands.“

Den Besuch am Mittwoch nutzt Markus Rappl am Ende, um Zellner und Aschenbrenner die aktuelle Ausgabe der Hauszeitung „extrablatt“ zu überreichen. Es ist die erste seit der Corona-Pandemie. Die Klienten und Mitarbeiter haben darin unter anderem den Chamer Bürgermeister Martin Stoiber interviewt.

Letzten Endes, sagt Theo Zellner, stehe auch das Zeitungsprojekt für die Vielfalt des Roten Kreuzes. Sie sei mit nichts zu vergleichen – und das Haus am Klosterberg sei ein ganz wesentlicher Teil davon.