Wildkatzen-Monitoring: Bergwacht freut sich über Umweltschutzpreis
Als Burghard Lang vor einigen Jahren in Cham einen Vortrag über die Europäische Wildkatze hörte, war er sofort fasziniert. Er wollte wissen, ob das scheue Tier in der Region vorkommt. Auf seine Initiative hin beteiligten sich 15 Kameraden "seiner" Bergwacht Furth im Wald zwischen 2016 und 2019 an einem bundesweiten Naturschutz-Projekt. Gleich im ersten Jahr gelang den Mitgliedern ein Riesenerfolg. Für ihr ehrenamtliches Engagement erhielten die Bergretter am Montagabend den Umweltschutzpreis des Landkreises.
Von Frank Betthausen
Furth im Wald. Alles begann mit einem Zufall. Burghard Lang hörte damals einen Vortrag von Karola Jackisch in der Chamer Klostermühle. Beim Bund Naturschutz (BN) und in ihrem Referat ging es an diesem Abend um die seltene Europäische Wildkatze und die Frage, ob sie im Landkreis Cham in freier Wildbahn anzutreffen ist. „Der Vortrag war so stark“, erinnert sich Lang, der frühere Naturschutz-Beauftragte der Bergwacht-Region Bayerwald, „dass ich es wissen wollte: Ist sie da? Kommt sie?“
Bis dahin hatten ihn viele Facetten in und an der Natur interessiert. Aber nicht die Wildkatze im Speziellen. Als Jackisch allerdings so lebendig von dem Vierbeiner erzählte und berichtete, dass der Bund Naturschutz in der Region Leute brauche, die sich an einem bundesweiten Projekt beteiligen und auf die Suche nach dem scheuen, nachtaktiven Tier begeben wollen, war für ihn klar: Da macht „meine“ Bergwacht Furth im Wald mit.
Geballte BRK-Kraft auf einem Foto: Der Landkreis Cham und der Kreistag mit Landrat Franz Löffler (links) an der Spitze haben am Montag die Kameraden der Further Bergwacht rund um Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger (2. v. l.) und "Projekt-Vater" Burghard Lang (2. v. r.) mit dem Umweltschutzpreis ausgezeichnet. Mit auf dem Bild: die beiden engagierten Naturschutzwarte Andreas Gerber (3. v. r.) und Christian Seidl sowie BRK-Rettungsdienstleiter Dominik Lommer. Er freute sich über den Jugendpreis des Landkreises - allerdings als Privatmann und nicht als Rot-Kreuz-Vertreter.
„Das ist und war ein Miteinander – ein gemeinsames Vorhaben! Das bin nicht nur ich.“ Burghard Lang
Fünf Jahre ist all das her. Am Montagabend erhielten die Kameraden aus der Drachenstich-Stadt mit Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger an der Spitze für ihr Engagement rund um das Wildkatzen-Monitoring in ihrem Dienstgebiet am Voithenberg und am Dieberg den Umweltschutzpreis 2020 des Landkreises.
15 Mitglieder brachten sich auf den Vorstoß von Burghard Lang hin von 2016 bis einschließlich 2019 in das Projekt „Wildkatzensprung“ des Bundesamts für Naturschutz ein. Und so sagt der 69-Jährige, der seit 1970 der Bergwacht angehört, sehr überzeugt und bescheiden: „Das ist und war ein Miteinander – ein gemeinsames Vorhaben! Das bin nicht nur ich.“ Auch wenn nicht nur Dominik Schönberger weiß, dass eine Idee wie diese immer einen Vater und Motor braucht…
Um den Tieren auf die Spur zu kommen, wird am Ende des Winters in einem Raster, das einen mal einen Kilometer groß ist, eine raue, an den Kanten eingekerbte Dachlatte im Waldboden eingeschlagen. Hier ist Herbert Bockshorn gerade mit dem Einkerben beschäftigt.
Über das von Lang gelobte Further Miteinander gelang gleich 2016/2017 ein Riesenerfolg: Der BN und die Bergwacht erbrachten über Lockstöcke, die sie im Übergang vom Winter aufs Frühjahr, zum Teil noch in Schneeschuhen, in den Wäldern rund um Furth im Wald aufstellten, den Nachweis, dass eine Kätzin und ein Kuder (Kater) aus Franken in die Region eingewandert waren. Das weibliche Tier in die Gegend rund um den Dieberg, das Männchen in die Wälder am Voithenberg.
Zusammen mit Karola Jackisch von der Kreisgruppe Cham des BN, die das Lockstock-Monitoring seit Jahren betreut und Burghard Lang in ihrem Vortrag so mitgerissen hatte, wies die Bergwachtbereitschaft Furth im Wald erstmals im Landkreis Wildkatzen nach.
1914 war die Europäische Wildkatze in Bayern ausgestorben, berichtet der 69-Jährige. Unter der Führung von Hubert Weinzierl, damals BN-Vorsitzender in Bayern, und dem berühmten Tierfilmer Professor Bernhard Grzimek war 1984 in Wiesenfelden mit dem Aufbau einer Zucht- und Auswilderungsstation begonnen worden, wie Lang erzählt.
1988 folgte ein zweites Auswilderungsprojekt im Spessart. „Unsere beiden Wildkatzen stammen offensichtlich genetisch aus dem zweiten Projekt“, meint der erfahrene Bergretter, der den Oberpfälzer und den Bayerischen Wald mit ihren zusammenhängenden Waldflächen als idealen Lebensraum für die Tiere beschreibt.
Die Existenz der Katzen wird über Haaranalysen nachgewiesen. Wildkameras allein reichen laut Lang nicht aus. Um den Samtpfoten auf die Spur zu kommen, wird am Ende des Winters in einem Raster, das einen mal einen Kilometer groß ist, eine raue, an den Kanten eingekerbte Dachlatte im Waldboden eingeschlagen und mit Baldrian besprüht – entlang der vermuteten „Wanderrouten“ der Tiere.
Vom Geruch am Holz angelockt reiben sich die Wildkatzen daran. In einem Zeitraum von zwei Monaten werden die Lockstöcke wöchentlich nach Haaren abgesucht. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung analysiert deren DNA und speist die Ergebnisse in eine bundesweite Datenbank ein.
2019 – danach lief die Finanzierung des Projekts und der Gen-Analysen aus, wie Burghard Lang berichtet – betreute zum vierten und vorerst letzten Mal ein Team von acht Bergwachtmännern unter Leitung des Naturschutz-Verantwortlichen Jürgen Baunach über 60 Einsatzstunden hinweg neun Lockstöcke.
„Leider ohne Erfolg!“, wie es in der offiziellen Bewerbung um den Umweltschutzpreis heißt. Verantwortlich dafür war nach Einschätzung von Lang „die Unruhe in den Wäldern“ wegen des starken Einschlags der Käferbäume am Voithenberg und Dieberg.
Die Lockstöcke werden mit Baldrian besprüht. Vom Geruch am Holz magisch angelockt reiben sich die Wildkatzen daran. Dadurch gelingt es, für Gen-Analysen an ihre Haare zu kommen.
„Unsere beiden Wildkatzen stammen offensichtlich genetisch aus dem zweiten Projekt.“ Burghard Lang
„Man weiß nicht, was aus den Tieren geworden ist“, sagt der Further, der sich bis heute darüber freut, dass der Nachweis der Wildkatzen im Zuständigkeitsgebiet „seiner“ Bergwacht mit ihren 62 Aktiven sowohl über die Lockstöcke als auch über ein seltenes Foto gelang. „Haare und ein Bild – das war ein Sechser im Lotto.“
Das Projektende kam für ihn vor zwei Jahren überraschend. „Ich hätte gerne weitergemacht“, sagt Lang. „Aber das Ziel war andererseits ja erreicht: Ich wollte wissen, ob es die Wildkatze in unserem Dienstgebiet gibt.“
Bergwacht-Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger (links) und Burghard Lang, von dem die Initiative ausging, sich in Furth im Wald am Wildkatzen-Monitoring zu beteiligen, freuen sich sehr über die Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit durch den Landkreis Cham.
Die Freude über den mit 1000 Euro dotierten Umweltschutzpreis des Landkreises bei den Bergwachtkameraden ist riesig. „Das ist großartig“, sagt Bereitschaftsleiter Dominik Schönberger. „Das ist unser zweiter Preis, den wir gewinnen.“ Ihren ersten Umweltschutzpreis habe die Bergwacht für ihre Kröten-Aktion am Drachensee erhalten.
In der neuerlichen Auszeichnung sieht Schönberger „eine Wertschätzung für die Arbeit bei Wind und Wetter“. Dass der Landkreis den Zeitaufwand und die Mühen honoriere und das Projekt auf diese Weise unterstütze, sei „eine tolle Sache“, sagt der 39-Jährige.
„Es ist eine tolle Sache, dass der Landkreis den Zeitaufwand und die Mühen honoriert und das Projekt auf diese Weise unterstützt.“ Dominik Schönberger, Bereitschaftsleiter
Landrat Franz Löffler hatte das Engagement der Further Bergwacht, die Burghard Lang nicht zuletzt für den starken Einsatz ihrer jungen Mitglieder lobt, bei einer Feierstunde am Montagabend im Sparkassensaal in Cham als „vorbildlich“ gewürdigt.
Der Einsatz sei insbesondere im Hinblick auf den Biodiversitätsgedanken besonders hervorzuheben. „Sie leisten einen aktiven und wirksamen Beitrag gegen den häufig diskutierten Rückgang der Arten. Dafür gebührt Ihnen unser aller Dank“, betonte das Landkreis-Oberhaupt.
2024, ist Lang zuversichtlich, könnte das Wildkatzen-Monitoring in der Region fortgesetzt werden. „Wenn die Bereitschaft wieder mag, sind wir noch einmal mit dabei“, sagt er. „Ich hoffe, dass wir die Kätzin und den Kuder dann wiederfinden.“
Dominik Schönberger signalisiert ihm schon drei Jahre vorher die volle Unterstützung der Mitglieder. Und fügt hinzu: „Vielleicht finden wir sie mit Nachwuchs!“
Unter den Geehrten war am Montag übrigens ein weiterer überzeugter Rot-Kreuz-Vertreter – wenn auch als Privatmann. Rettungsdienstleiter und stellvertretender BRK-Kreisgeschäftsführer Dominik Lommer freute sich in der Kategorie Einzelpersonen über den mit 700 Euro dotierten Jugendpreis des Landkreises.
Der Kreistag würdigte ihn und Volker Komossa für ihre jahrelange Arbeit in der Handballabteilung des ASV Cham und speziell für ihr Engagement in der Nachwuchsförderung. So setzen sich die beiden unter anderem für internationale Turniere ein.
„Das ist und war ein Miteinander – ein gemeinsames Vorhaben! Das bin nicht nur ich“, sagt Ideengeber Burghard Lang (links) bescheiden. Auch wenn nicht nur Dominik Schönberger weiß, dass eine Idee wie diese immer einen Vater und Motor braucht…