Ein Ort der Begegnung – und ein neues Zuhause im Alter

Mit der Einweihung am Montag ist die neue Senioren-Wohngemeinschaft in Arnschwang, die zweite des BRK im Landkreis Cham, offiziell eröffnet worden. „Wir haben nachhaltig gedacht. Alles, was hier entstanden ist, sollte uns überstehen. Ich denke, wir haben Gutes getan für die Gesellschaft“, meinte Bürgermeister Michael Multerer. Wie BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner sah er eine „Wohlfühlatmosphäre“ für die Bewohner als wesentlich an. Zu der tragen zwölf geräumige Einzelzimmer, zwei Gemeinschaftsräume, eine große Küche und eine Dachterrasse bei. „Ich bin mir ganz sicher, dass man sich hier treffen wird“, sagte Zellner über das „echte Gemeinschaftshaus“, das in der Chamer Straße entstanden ist – dort, wo einst das Gasthaus Bärenhöhle fest zum Ortskern gehörte.

Von Frank Betthausen

Arnschwang. Eines hörte Michael Multerer immer wieder, wenn er zum Weihnachtsfest Bürger seiner Gemeinde in den Pflegeheimen der umliegenden Städte besuchte: Wie schön es gewesen wäre, wenn sie länger in ihrer vertrauten Umgebung und in ihrem Heimatort hätten bleiben können… Arnschwangs Bürgermeister ließen diese Eindrücke keine Ruhe mehr. Er grübelte, er las sich ein, er besuchte Fachtagungen...

„Das war wirklich nicht normal. Und das ist nicht selbstverständlich, dass Dinge immer in dieser Weise mitgetragen werden.“ Bürgermeister Michael Multerer über die unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung

So kam er mehr und mehr zu der Überlegung, in seiner Kommune eine ambulant betreute Senioren-Wohngemeinschaft gründen zu wollen.

Am Montagnachmittag erfüllte sich sein Wunsch. Die Einrichtung, die ihm jahrelang vorgeschwebt war, erhielt bei der Eröffnungsfeier den kirchlichen Segen durch Pfarrer Joseph Kata. Die Veranstaltung fand im großen Saal des markanten Neubaus statt, der in den zurückliegenden Monaten für rund vier Millionen Euro in der Chamer Straße entstanden war – an der Stelle, an der einst das Gasthaus Bärenhöhle gestanden hatte.

Vor den geladenen Gästen – unter ihnen die Mitarbeiter der Kommune genauso wie Gemeinderäte, Nachbarn, Partner und der erste Bewohner der vom BRK-Kreisverband betreuten WG – zog Multerer hochzufrieden einen Bilanzstrich unter das „sinnvolle, wertige“ Projekt.

Hohe Förderung durch das Amt in Tirschenreuth

„Wir haben nachhaltig gedacht. Alles, was hier entstanden ist, sollte uns überstehen. Ich denke, wir haben Gutes getan für die Gesellschaft“, meinte der Bürgermeister, der in besonderer Weise dem Amt für Ländliche Entwicklung in Tirschenreuth, vertreten durch den stellvertretenden Leiter Erik Bergner und einige seiner Beschäftigten, für die „unkomplizierte, zügige und kollegiale Begleitung“ dankte. „Das war wirklich nicht normal. Und das ist nicht selbstverständlich, dass Dinge immer in dieser Weise mitgetragen werden“, sagte der Bürgermeister.

Über die Förderinitiative „Innen statt Außen“ – sie hat zum Ziel, Leerstände zu beseitigen, Ortskerne wiederzubeleben und die soziale Infrastruktur in Kommunen zu stärken ­– flossen 2,75 Millionen Euro an Zuschüssen nach Arnschwang.

„Wir haben uns jahrelang damit beschäftigt, was der richtige Weg für uns ist“, erinnerte Multerer an die Entstehungsgeschichte des Hauses und seine Gedankenspiele. Sie alle hatten immer eine Richtung: „Wir müssen etwas für unsere Senioren tun.“

Das Gemeindeoberhaupt wollte „einen Ort schaffen, wo ältere Menschen bleiben, wo sie wohnen und heimisch werden können – und wo sie trotzdem 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche die volle Betreuung einer Pflegeeinrichtung erfahren können“. Eine Bleibe, die den Bewohnern soziale Kontakte sichert, ihnen aber gleichzeitig das Recht auf Privatsphäre und die Möglichkeit garantiert, sich jederzeit zurückziehen zu können.

Der Gemeinderat zog die Reißleine

Multerer erinnerte augenzwinkernd an den nicht immer geraden Weg zum Projekterfolg. An ein erstes Grundstück, das die Kommune 2015 gekauft hatte – in einer Zeit, die am Ende noch nicht reif gewesen sei…

Er blendete zurück in eine Phase, in der er eine weitere Immobilie in der Nähe des heutigen Standorts für eine Senioren-Einrichtung ins Auge gefasst hatte – mit der späteren Erkenntnis, dass sich die Zufahrtsfrage dort nicht lösen ließ… Und: Multerer ging auf den Tag ein, an dem er sich mit Eigentümer Peter Mühlbauer auf den Kauf der Bärenhöhle einigte und alles gut zu werden schien…

Ab diesem Zeitpunkt nahmen die Pläne Fahrt auf – auch und gerade durch den engen Austausch mit dem Amt für Ländliche Entwicklung. Doch die angedachte Sanierung des Gebäudes ließ sich nicht verwirklichen, die Kostenkalkulationen schossen immer weiter in die Höhe.

„Irgendwann stand fast die gleiche Summe wie für einen Neubau im Raum – mit allen Unwägbarkeiten, die ein Altbau noch gebracht hätte“, sagte Multerer, der seinem Gemeinderat für die Bereitschaft dankte, die Reißleine zu ziehen. „Wir haben umgeswitcht und haben vieles besser machen können“, meinte der Bürgermeister.

So entstand in der Chamer Straße ein modernes, neues Gebäude, in dem im ersten und zweiten Stock die WG des BRK ihren Platz fand – mit zwölf Einzelzimmern, zwei Gemeinschaftsräumen, einer großen Küche und einer Dachterrasse. „Wir haben alles gemacht, damit man sich wohlfühlen kann“, befand Multerer.

Im Erdgeschoss schufen die Planer Räume für die Allgemeinheit und Gemeindezwecke. Im großen Saal sorgt bereits die Gruppe „Zusammen aktiv bleiben“ mit Fanny Ketterl und Maria Münch für Leben – und auch der Betrieb im Friseur-Salon Hair Flair von Steffi Meindl läuft längst wieder.

Im kleineren Saal sollen künftig die Kurse und Angebote der Volkshochschule stattfinden. Dadurch tut sich in der Grundschul-Aula die Möglichkeit auf, die Räume für die Ganztagsbetreuung zu nutzen.

Weiterentwicklungen, zu denen Multerer auch Landrat Franz Löffler gratulierte. Er bezeichnete die demografische Entwicklung in seinem Grußwort als „ein Top-Thema unserer Zeit“ und verwies darauf, dass die über 80-Jährigen die am stärksten wachsende Personengruppe in Deutschland seien.

„Die Menschen werden Gott sei Dank älter – und dafür müssen wir Antworten finden“, betonte der CSU-Politiker; insbesondere deswegen, weil die Zahl der Personen, die Menschen im Alter unterstützen könnten, gleichzeitig kleiner werde.

Dazu komme, dass bayernweit in den überwiegenden Fällen der stationären Pflegeeinrichtungen der Fachkräftemangel ganz gewaltig durchschlage. „Man kommt gar nicht darum herum, zu sagen, wir müssen uns noch viel mehr Innovation überlegen und darüber nachdenken, wie man es möglich machen kann, dass die Menschen länger daheim im häuslichen Umfeld bleiben“, meinte Löffler.

Löffler: „Die Zeichen der Zeit erkannt"

Ambulant betreute Senioren-Wohngemeinschaften wie in Arnschwang sah er in diesem Zusammenhang als gelungenen Zwischenweg zwischen häuslichen und stationären Wohnformen.

Die Gemeinde beglückwünschte das Landkreis-Oberhaupt zu ihrem Mut – und dazu, dass sie wieder einmal die Zeichen der Zeit erkannt habe. „Wir können das Thema nicht vor uns herschieben und nicht ausklammern“, appellierte Löffler an die Gesellschaft.

BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner pochte auf den Wert einer gerechten Gesellschaft, auf den Ausgleich zwischen Jung und Alt und Zuwendung für die Menschen, die die jüngste Vergangenheit gestaltet hätten.

„Man braucht aber auch die entsprechenden Rahmenbedingungen. Und ich habe das Gefühl: Arnschwang und das Rote Kreuz – das passt. Das ist ein starkes Stück Heimat“, meinte der langjährige BRK-Präsident in Anspielung auf das kraftvolle Tier und die „Bärenhöhle“ als dem früheren Namen des Ortes.

„Ich habe das Gefühl: Arnschwang und das Rote Kreuz – das passt. Das ist ein starkes Stück Heimat.“ BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner

Zellner trat dafür ein, Senioren als Gesellschaft „eine Wohlfühlatmosphäre“ zu geben, sie „mit hineinzuzunehmen“ und für sie im Alter ein Stück Heimat zu schaffen. Das sei über den Neubau in Arnschwang – „ein echtes Gemeinschaftshaus“ – gelungen. „Ich bin mir ganz sicher, dass man sich hier treffen wird“, sagte Zellner. Den Verantwortlichen der Gemeinde gab der Altlandrat das Versprechen, dass das BRK – in Arnschwang entstünden zwölf hochqualifizierte Arbeitsplätze – ein guter Partner sein werde.

Erik Bergner vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz bezeichnete das Neubau-Projekt in Arnschwang als „ein herausragendes“. Hier sei etwas Gutes auf den Weg gebracht worden. „Und wir haben einen kleinen Teil dazu beitragen können“, freute sich der Gast aus Tirschenreuth.

Der Kommune bescheinigte er, beim Förderprogramm „Innen statt Außen“ alles richtig gemacht zu haben. „Die Gemeinde war dran und ist auch drangeblieben. Die Gemeinde hat ihre Hausaufgaben gemacht“, erklärte er und bezeichnete die Förderung in Höhe von 2,75 Millionen Euro als „Riesensumme“ – auch für seine Behörde.

77 Projekte in der gesamten Oberpfalz

„Ich glaube, dass es eine gute Entscheidung war, dass die Gemeinde auf den Ersatzneubau umgeschwenkt ist“, meinte er. Bei allen Diskussionen, die dazu im Amt und im Ministerium geführt worden seien, habe dieser Umstand wirtschaftliche, gestalterische und nutzungstechnische Vorteile mit sich gebracht.

In der gesamten Oberpfalz würden derzeit 77 Projekte über das genannte Programm begleitet. Die Investitionssumme liege bei 70 Millionen, der Fördermittelbedarf bei 48 Millionen Euro. Allein im Landkreis Cham liefen im Augenblick 17 Vorhaben in elf Gemeinden. „Weitere Projekte sind geplant und in der Pipeline. Und egal, ob das in Stamsried, Runding, Pösing oder Pemfling ist: Wir sind gut aufgestellt“, meinte Bergner.
 

Hintergrund: Segnung durch Pfarrer Kata

  • Einweihung: Pfarrer Joseph Kata, der die Einweihung der neuen Räume vornahm, stellte seine einleitenden Gedanken auf das Thema Pflege und die Bewohner in Arnschwang ab. „Dieser Lebensabschnitt bedarf besonderer Einfühlsamkeit, Kompetenz und Ehrfurcht“, sagte der Geistliche über den Umzug in eine Pflegeeinrichtung.
     
  • Anspruch: Das Rote Kreuz sei offen für alle – unabhängig von Religionszugehörigkeit, sozialem Status und Herkunft. Es werde für den pflegebedürftigen Menschen da sein, wann immer es gebraucht werde – gerade auch in seinen letzten Stunden. „Dies ist ein hoher Anspruch“, sagte Kata.
     
  • Leben: Die Mitarbeiter des Sozialverbands werden sich nach seiner Darstellung „bemühen, dass die ihnen anvertrauten Menschen ihr gewohntes Leben in der vertrauten Weise und Würde fortführen können“.
     
  • Dankbarkeit: Vor der eigentlichen Segnung äußerte sich der Priester dankbar dafür, dass der Bau in Arnschwang ohne große Hindernisse und Unfälle entstanden sei.