Fünf Chamer in Wacken: Dem totalen Metal-Wahnsinn ganz nah
„Das ist jedes Mal ein großes Familientreffen. Man sieht sich das ganze Jahr nicht. Und dann ist es wie an Weihnachten: Man ist daheim und kommt daheim an. Hier hat jeder dieselbe Macke, und es macht einfach nur Spaß, mit den Leuten hier zu arbeiten“, beschreibt Notfallsanitäter Daniel Schreiner aus Furth im Wald seine Motive, sich wieder und wieder für den verrückten Dienst in Schleswig-Holstein zu melden. Laura-Fabienne Schröder, Sabrina Glaser, Moritz Blab und Frank Betthausen machen ähnliche Erfahrungen.
Cham. Viel Arbeit, wenig Schlaf, Trubel und Lärm fast rund um die Uhr – aber einmalige Begegnungen, unglaubliche Erlebnisse und eine Gemeinschaft, die es so kein zweites Mal gibt: Wer einmal einen Sanitätsdienst in Wacken mitgemacht hat, beim größten Heavy-Metal-Festival der Welt, der schreibt den Termin immer und immer wieder in seinen Kalender.
So wie die fünf Chamer BRK-Aktiven Laura-Fabienne Gasthofer, Sabrina Glaser, Moritz Blab, Daniel Schreiner und Frank Betthausen, die in ihrem Urlaub zum wiederholten Mal beim verantwortlichen DRK Kaltenkirchen anheuerten.
„Das Wetter war im Vergleich zum vergangenen Jahr absolut genial. Was 2023 an Regen runtergekommen ist, hatten wir diesmal an Sonne.“ Notfallsanitäter Daniel Schreiner
Der Ortsverein sorgte zwischen dem 29. Juli und dem 4. August wieder einmal für die Sicherheit von rund 85 000 Besuchern und an die 35 000 Helfern und Bediensteten – mit der Unterstützung von etwa 560 Angehörigen aller Hilfsorganisationen aus dem In- und Ausland. Zirka 4000 Behandlungen standen am Ende in den Büchern von Kaltenkirchens Ortsvorsitzendem Jürgen Schumacher.
„Wacken ist jedes Mal ein großes Familientreffen. Man sieht sich das ganze Jahr nicht. Und dann ist es wie an Weihnachten: Man ist daheim und kommt daheim an. Hier hat jeder dieselbe Macke, und es macht einfach nur Spaß, mit den Leuten hier zu arbeiten“, beschreibt Daniel Schreiner seine Motive, wieder und wieder in den hohen Norden aufzubrechen und dort Dienst zu tun.
Wetter-Extreme im hohen Norden
Der 33-Jährige erlebte sein siebtes W:O:A – und blieb, abgesehen von der einen oder anderen Schweißperle, heuer weitgehend trocken. „Das Wetter war im Vergleich zum vergangenen Jahr absolut genial. Was 2023 an Regen runtergekommen ist, hatten wir diesmal an Sonne“, erinnert er sich an die Schlammschlacht vor zwölf Monaten.
Was den stellvertretenden Leiter der BRK-Bereitschaft Furth im Wald, der als Notfallsanitäter beim BRK Cham arbeitet, besonders freute: Als einer von zwei Führungsassistenten war er auf dem Infield, dem riesigen Bereich rund um die beiden Hauptbühnen, diesmal durchgehend mit Leitungsaufgaben betraut.
Er hatte dadurch zwar kaum Patientenkontakt und war viel mit Klemmbrett und Funk unterwegs. „Aber ich bin durchaus auch dort oben, um Führungserfahrung zu sammeln.“ Sein Traum wäre es, 2025 beim 34. W:O:A als Abschnittsleiter eingesetzt zu werden – „auch wenn das nochmal etwas mehr Verantwortung wäre“.
Durch seine Rolle als Führungsassistent blieb dem 33-Jährigen, der ein großes Faible für Hardrock und Heavy Metal hat, heuer kaum Zeit, sich Bands anzuhören.
Ein kleiner Höhepunkt sei es für ihn gewesen, als der Komiker und Musiker Bülent Ceylan plötzlich Peter Maffay als Überraschungsgast auf die Bühne geholt habe.
„Ansonsten habe ich diesmal fünf Tage Dienst gemacht. Da hatte ich zwischendurch keine Muße mehr für die Musik. Irgendwann braucht man auch einfach mal seine Ruhezeit“, gesteht Schreiner.
Laura-Fabienne Gasthofer, die ebenfalls aus Furth im Wald stammt, erlebte nach ihrer Premiere 2023 ihr zweites Open Air in Schleswig-Holstein. Wie Daniel Schreiner schätzt die Rettungsdiensthelferin vor allem das Miteinander und die besondere Atmosphäre im DRK-Camp, dessen Herzstück ein großes Krankenhauszelt für die Versorgung der Festivalbesucher ist.
Wenn sich Bayern auf dem Infield treffen
„Hier oben sind alle sind gleich verrückt. Man hat unheimlich viel Spaß, auch wenn ich kein Heavy Metal mag. Es ist immer wieder ein Erlebnis. Man muss diese Familie einmal im Jahr sehen, sonst geht einem wirklich was ab“, sagt die 19-Jährige. „Und es wird von Jahr zu Jahr cooler.“
Einer der witzigsten Momente sei es gewesen, als einer ihrer Kollegen beim ersten Dienst auf dem Infield plötzlich begonnen habe, auf Bayerisch zu fluchen. „Da habe ich ihn angeschaut und gefragt: Wo bist Du denn her?“ – „Aus Ingolstadt!“, lautete die Antwort von Philipp Grosse.
Eine Anekdote, die Daniel Schreiner ebenfalls zum Schmunzeln brachte. „Da fährst du gut 800 Kilometer zu einem Sanitätsdienst und lernst jemanden kennen, der quasi nur ein paar Landkreise entfernt lebt“, sagt er.
Und der Überraschungskontakt hatte besondere Folgen: Nach einer Einladung der Further BRK-Aktiven kam Grosse vergangene Woche in der Grenzstadt vorbei, um die örtliche Bereitschaft bei ihrem Einsatz rund um den Drachenstich zu unterstützen.
Es sind Wacken-Begegnungen wie die mit Philipp, die auch für Moritz Blab das Salz in der Suppe sind.
„Von den Einsätzen her war es spannend, es war doch ein wenig was dabei.“ Notfallsanitäter-Schüler Moritz Blab
„Ich würde es jedes Jahr wieder machen, es sind tolle Erfahrungen und tolle Leute, die man dort oben trifft“, sagt der 24-Jährige, der als Notfallsanitäter im zweiten Lehrjahr beim BRK Cham angestellt ist.
Der Further erlebte wie Laura-Fabienne Gasthofer sein zweites Wacken – und machte „heuer komplett andere Erfahrungen“ als im vergangenen Jahr, als es durch das Wetter doch etwas chaotisch gewesen sei. Durch die hohen Temperaturen an den ersten Tagen sei es diesmal ziemlich anstrengend gewesen.
Sein erster Einsatz direkt im Dorf
Dem Spaß tat das keinen Abbruch. Zumal Blab an der Seite seiner Lebensgefährtin Sabrina Glaser an ganz anderen Orten eingesetzt war als bei seinem ersten Gastspiel und dort spannende Festival-Einblicke gewann – an der Unfallhilfsstelle direkt in Wacken beispielsweise. „Auch da an der Hauptstraße im Dorf hat man überall coole Leute kennengelernt“, sagt er.
Das Tüpfelchen auf dem i war es für den angehenden Notfallsanitäter, dass er an der einen oder anderen Stelle durchaus gefordert war. „Von den Einsätzen her war es spannend, es war doch ein wenig was dabei“, erzählt er.
So stimmt ihm seine Freundin Sabrina Glaser (27), die zum fünften Mal in die verrückte Metal-Welt im hohen Norden abtauchte, überzeugt zu: „Auch dieses Wacken war wieder ein Erlebnis.“ Am Anfang sei die Orientierung wegen der einen oder anderen Umplanung auf dem Gelände herausfordernder gewesen. Doch das legte sich schnell.
Wie die anderen drei Further möchte die Rettungsdiensthelferin aus der Grenzstadt 2025 wieder mit von der Partie sein.
„Wenn wir wieder genommen werden, haben wir da schon ganz, ganz viel Bock drauf“, sagt Moritz Blab. „Und, ja, ich möchte nächstes Jahr definitiv auch wieder nach oben“, ergänzt Laura-Fabienne Gasthofer. „Das ist einfach nur family – but louder.“
Frank Betthausen, im Hauptamt Pressesprecher beim BRK-Kreisverband, geht es ähnlich. Er freut sich ebenfalls schon auf Teil drei seiner Wacken-Reise. „Das ist eine krasse Erfahrung – immer wieder aufs Neue. Aber du nimmst da unglaublich viel mit an einmaligen Momenten. An Gesprächen, an Kuriosem und ehrlicher Dankbarkeit dafür, dass wir da sind und die Metal-Familie dort unterstützen“, sagt der 48-Jährige aus Runding, der in der BRK-Bereitschaft Cham 2 aktiv ist.
Eine eigene Zeitung für die Sanitäter
Wie bei seinem ersten Einsatz 2022 hatte er sich als Redakteur im Backoffice des DRK-Camps in die Arbeit an den Wacken Rescue News eingebracht, einer täglich erscheinenden Zeitschrift für die rund 560 Mitglieder der sogenannten Wacken Rescue Squad. Außerdem kümmerte er sich um diverse Tätigkeiten in den sozialen Medien.
Ob die Delegation aus dem Bayerischen Wald im nächsten Jahr noch einmal größer wird? „Mir haben mittlerweile so viele Leute ihr Interesse bekundet, dass wir theoretisch in zweistelliger Zahl in den Norden aufbrechen könnten“, meint Daniel Schreiner mit einem Augenzwinkern.
Damit gilt: Achtung, Wacken! Die Oberpfälzer kommen!