Schaufeln für den Rettungsdienst, den Katastrophenschutz und das Ehrenamt
Die Pläne sind ambitioniert: Ende 2023 soll das neue BRK-Rettungszentrum in der Tiergartenstraße in Cham bezugsfertig sein. Nach dem offiziellen Spatenstich am Dienstag gilt es, eine vierwöchige Zeitverzögerung vergessen zu machen. Dass der Standort ein sehr sensibler sei und möglicherweise nicht alles glatt laufe, war laut Theo Zellner „von Anfang an klar“. Das hätten die Bodenuntersuchungen früh gezeigt. „Wir wollten die Krankenhausnähe trotzdem behalten“, betont der Kreisvorsitzende.
Von Frank Betthausen
Cham. Der Zeitplan ist sportlich: Im November 2023 soll das neue BRK-Rettungszentrum in der Tiergartenstraße bezugsfertig sein. Kein Wunder, dass jede Minute zählt und die Beschäftigten der Baufirma Alt am Dienstag während des offiziellen Spatenstichs und der anschließenden Feierlichkeiten im Hintergrund munter weiterarbeiten. 1587 zementgebundene Spezialsäulen bringen sie in diesen Tagen wie Nadeln in ein Steckkissen in die Erde ein, um den Untergrund zu sichern und dafür zu sorgen, dass die Bodenplatte auf dem schwierigen Areal trägt.
„Diese Breite ist das Rückgrat des Roten Kreuzes. Wir definieren uns über das Ehrenamt. Das sollte man nie vergessen.“ BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner
Nächste Woche werden die Arbeiter von Geschäftsführer Franz Alt richtig durchstarten. „Dann geht es endlich nach oben“, sagt Architekt Markus Weber vom Büro Schnabel + Partner aus Bad Kötzting bei einer kleinen Feierstunde in der Halle der Wasserwacht. Zuvor hatten BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner, Vertreter der Chamer Rot-Kreuz-Familie sowie der beteiligten Unternehmen und die Ehrengäste auf der keine 50 Meter entfernten Baustelle symbolisch zum Spaten gegriffen und das Startsignal für das Fünf-Millionen-Euro-Projekt gegeben.
Mit dem Vorhaben schafft der Kreisverband eine neue Heimat für 90 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst und seine Katastrophenschutz-Einheiten. Der Neubau wird mit seinen Ausbildungs-, Büro- und Sozialräumen darüber hinaus für rund 3500 Aktive aus den Rot-Kreuz-Gemeinschaften ein Ort der Begegnung sein, wie es stellvertretende Landrätin Dr. Johanna Etti formuliert.
„Diese Breite“, bekräftigt Theo Zellner, „ist das Rückgrat des Roten Kreuzes. Wir definieren uns über das Ehrenamt. Das sollte man nie vergessen.“ Den Spatenstich wertet der frühere BRK-Präsident am Dienstag als „Symbol für die Zukunft, eine Botschaft nach innen, aber auch nach außen – in dem Sinne, dass sich die Bevölkerung auf das Rote Kreuz verlassen kann“.
Mit der gewaltigen Investition stärke das BRK seine Kompetenz und rüste sich für künftige Aufgaben – und das in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht einfach seien. Umso mehr macht Zellner in dem Entschluss, rund zwei Jahre nach dem Umzug der Kreisgeschäftsstelle in die Further Straße den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, „ein starkes Zeichen für unsere Freiwilligen“ aus.
Dass der Standort in der Tiergartenstraße ein sehr sensibler sei und möglicherweise nicht alles glatt laufe, war nach seiner Darstellung „von Anfang an klar“. Das hätten die Bodenuntersuchungen früh gezeigt. „Wir wollten diese Krankenhausnähe und diesen Standort trotzdem behalten“, betont der Kreisvorsitzende und zeigt in seiner Rede auf, dass es durch die steile Böschung und die Sicherungsarbeiten rund um die Baugrube zu Verzögerungen gekommen sei. „Aber: Die Sicherheit und die Genauigkeit gehen einfach vor“, erklärt er.
„Ihr vom Rettungsdienst habt es verdient, dass Ihr bald in einen wunderschönen Gebäudekomplex umziehen dürft.“ Stellvertretende Landrätin Dr. Johanna Etti
Wie der Kreisvorsitzende erläutert, hält er die Abweichung vom ursprünglichen Zeitplan wegen einer weiteren Nachricht allerdings für verkraftbar. „Wir bewegen uns finanziell in einem sehr guten Rahmen“, sagt er und hält diesen Umstand mit Blick auf die aktuellen Preissteigerungen für doppelt erwähnenswert. Etwa 80 Prozent der Kosten und Gewerke seien bisher ausgeschrieben worden. „Es schaut wirklich gut aus, dass wir die veranschlagte Bausumme von fünf Millionen Euro einhalten“, sagt Zellner, dem es ein besonderes Anliegen ist, den Mitarbeitern für ihre Geduld während der Bauzeit zu danken.
Stellvertretende Landrätin Johanna Etti bezeichnet es in ihrem Grußwort als „mutige Geschichte“, fünf Millionen Euro für das neue Rettungszentrum in die Hand zu nehmen. Aber: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das funktionieren wird“, sagt sie und stellt den Rot-Kreuz-Beschäftigten „modernste Bedingungen“ in Aussicht.
Nach vielen Planungen, Überlegungen und Verwerfungen in den vergangenen Jahren sei das Ganze an einem Punkt angekommen, an dem die Vorfreude auf das Projekt überwiege. „Ihr vom Rettungsdienst habt es verdient, dass Ihr bald in einen wunderschönen Gebäudekomplex umziehen dürft“, betont sie.
Chams Bürgermeister Martin Stoiber hat für den Spatenstich in der Tiergartenstraße extra seinen Urlaub unterbrochen. „Das Projekt ist ein Leuchtturm auch für die Stadt Cham und den Landkreis“, sagt er und umreißt „die vielfältigen Aufgaben des BRK“ – vom Rettungsdienst bis hin zum Katastrophenschutz. Dem Roten Kreuz bescheinigt er „Schnelligkeit, Professionalität und sehr gute Arbeit“. Mit seinem modernen Rettungszentrum sei der Kreisverband gut aufgestellt für die Zukunft, meint Stoiber.
„Das Projekt ist ein Leuchtturm auch für die Stadt Cham und den Landkreis.“ Bürgermeister Martin Stoiber
Architekt Markus Weber bezeichnet den Spatenstich „als bedeutenden Meilenstein“ und erinnert an das Jahr 2017, als es die ersten Überlegungen gegeben habe, den BRK-Hauptstandort „zukunftsfähig umzuplanen“. Der erste große Schritt sei es gewesen, die Verwaltung in die Further Straße zu verlegen, um mehr Platz für den Rettungsdienst zu schaffen.
Anfang Juli habe die Firma Althammer mit dem Abbruch der ehemaligen Kreisgeschäftsstelle begonnen – und wie erwartet, habe das Baufeld „nicht gerade die besten Bodenverhältnisse“ gezeigt.
„Mit etwa vier Wochen Verzug gehen wir in die Rohbauphase und hoffen auf einen milden Winter und eine Rohbaufertigstellung zum Frühjahr“, gibt sich Weber optimistisch. Im November 2023 solle das Rettungszentrum bezogen werden. „Das ist sportlich und wird alle Firmen und Beteiligten fordern“, prognostiziert er.
Laut Weber umfasst der Neubau fast 1400 Quadratmeter Nutzungsfläche und einen Brutto-Rauminhalt von etwa 6400 Kubikmetern – verteilt auf vier Geschosse mit elf Fahrzeugstellplätzen. Die Verantwortlichen investierten in ein vorbildliches Energiekonzept.
Zu dem gehören nach den Schilderungen des Planers drei Luftwärmepumpen, die künftig auch die Wasserwacht versorgen, und eine Photovoltaik-Anlage. In einem Jahr könnten somit mehr als 60 Tonnen CO2 eingespart werden, die Heizkosten ließen sich um das Zehnfache reduzieren. Das Gebäude sei effizient, nachhaltig und komplett fossilfrei, betont Weber.
Es sind echte Perspektiven, die sich für den Kreisverband an dem traditionsreichen Standort auftun – kein Wunder, dass jede Minute zählt…