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Stehende Ovationen und der Verfassungsorden für Theo Zellner

Der scheidende Präsident Theo Zellner mit "seinen" Chamern in München: BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner (rechts) und Jürgen Bummer aus Bad Kötzting, stellvertretender Vorsitzender der Bergwacht Bayern
"Nichts an unserer 40. Landesversammlung ist normal", sagte BRK-Präsident Theo Zellner in seiner Begrüßung. Durch das ausufernde Pandemie-Geschehen hatten die Verantwortlichen den Termin zu einer Hybrid-Veranstaltung umgepolt. In der Kleinen Olympiahalle in München traf sich nur eine Rumpfbesetzung, die große Mehrzahl der Delegierten nahm online an der Sitzung teil.
Nach acht Jahren an der Verbandsspitze zieht sich Theo Zellner als BRK-Präsident zurück.
Gesundheitsminister Klaus Holetschek verlieh Theo Zellner – stellvertretend auch für das gesamte BRK – die Bayerische Medaille für Gesundheit und Pflege.
Die 40. Landesversammlung fand am Samstag ab 10 Uhr in der Kleinen Olympiahalle in München statt. Die Mehrzahl der rund 400 Delegierten verfolgte das Geschehen von den heimischen PCs aus.
Theo Zellner war am 7. Dezember 2013 in Altötting als Nachfolger von Prinzessin Christa von Thurn und Taxis zum Präsidenten des BRK gewählt worden. Er wird sich weiterhin als Kreisvorsitzender in Cham einbringen. „Hier stehen in nächster Zeit spannende Projekte an, auf die ich mich sehr freue. Langeweile ist ein Zustand, der in meinem Leben keinen Platz hat", gab er zu verstehen.
Theo Zellner nannte in seiner Rede vier Themen, die ihn beim BRK besonders umtreiben. Eines ist der Pflegeberuf. Wenn es um die Stärkung der Pflege gehe, sagte er am Samstag, dürften nicht nur warme Worte gesprochen werden. Es müsse vielmehr spür- und sichtbar auf eine Reform des Pflegeberufs hingearbeitet werden, die diesen Namen auch verdiene.
Seit Samstagabend ist Theo Zellner Ehrenmitglied des Bayerischen Roten Kreuzes. Vizepräsidentin Brigitte Meyer (rechts Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk) überreichte ihm die Ernennungsurkunde.

Bei der 40. BRK-Landesversammlung in München kündigte Landtagspräsidentin Ilse Aigner dem scheidenden Präsidenten aus dem Kreisverband Cham eine hohe, seltene Auszeichnung an. Auch die Minister Klaus Holetschek und Joachim Herrmann sparten nicht mit Lob für den 72-Jährigen. Der fand in seiner Abschiedsrede wieder einmal deutliche Worte. Die Endlosdebatten um Impflicht, Impfstoff, Lockdown und Teil-Lockdown seien eine Zumutung und ein Schlag ins Gesicht all derer, die derzeit in Altenheimen, Krankenhäusern und Rettungsdiensten frustriert, mitunter zornig „unser Gesundheitssystem aufrechterhalten“, betonte Theo Zellner. Am Ende der Versammlung überraschte ihn Vizepräsidentin Brigitte Meyer mit der Ehrenmitgliedschaft.

Von Frank Betthausen

München/Cham. Der BRK-Kreisverband Cham verliert an diesem Wochenende „seinen“ Präsidenten. Theo Zellner hat sich nach acht Jahren an der Spitze entschieden, sich aus der ersten Reihe auf Landesebene zurückzuziehen und sich künftig „nur mehr“ als Chamer Kreisvorsitzender ins Rote Kreuz einzubringen.

Bei der 40. Landesversammlung in der Kleinen Olympiahalle in München sprach der 72-Jährige am Samstag zum letzten Mal in der alten Funktion zu den rund 400 Delegierten, die bei der Hybrid-Veranstaltung zum Großteil an den heimischen PCs zugeschaltet waren. Sein Nachfolger beziehungsweise seine Nachfolgerin wird an diesem Sonntag über ein Urnenwahlverfahren an 23 Standorten in Bayern bestimmt.

Hochrangige Vertreter der bayerischen Politik dankten dem Bad Kötztinger für sein jahrelanges Engagement, das laut Landtagspräsidentin und BRK-Botschafterin Ilse Aigner eine besondere Würdigung erfahren wird. Theo Zellner, der nach seiner Abschiedsrede stehende Ovationen erhielt, wird nach ihren Worten als einer der Ersten die neue, seltene Auszeichnung des Bayerischen Landtags, den Verfassungsorden, erhalten.

Gemeinsam mit Angela Merkel auf der Liste der Geehrten

Die Verleihung – auch die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel wird mit der Anerkennung bedacht – hätte ursprünglich am Freitagabend in der Staatskanzlei stattfinden sollen, war wegen des Pandemie-Geschehens aber verschoben worden.

„Du hast ihn Dir wirklich verdient“, sagte Aigner über den Orden für Theo Zellner. Als Präsident habe er sich unglaublich um die Sorgen und Nöte seiner Rot-Kreuz-Familie gekümmert – eine Familie, die Aigner bis heute nicht zuletzt durch ihre ehrenamtliche Arbeit beeindruckt. „Ohne Freiwilligkeit kann und wird vieles nicht möglich sein in unserem Land“, betonte die Landtagspräsidentin.

Während sie mit der Übergabe für Zellner warten musste, überreichte ihr Parteikollege Klaus Holetschek dem Chamer Kreisvorsitzenden „seine“ Auszeichnung in München am Samstag persönlich. Der bayerische Gesundheitsminister verlieh Zellner – auch stellvertretend für das gesamte BRK – die Bayerische Medaille für Gesundheit und Pflege. Gesundheit und Pflege – dafür stehe der scheidende Präsident.

„Der Theo ist einer, der an vielen Stellen zupackt und der im Hintergrund wirkt“, sagte Holetschek. An den 72-Jährigen direkt gewandt schob er nach: „Du bist einer, der macht, der entscheidet, der sich für andere einsetzt – und das zeichnet Dich auch aus!“

Holetschek: „Großartig und vorbildgebend"

Das Wirken des Roten Kreuzes in Pandemiezeiten bezeichnete Holetschek als „großartig und vorbildgebend in die Gesellschaft hinein“. Das Rote Kreuz stehe für das Gute und das Positive, das die Gesellschaft auch zusammenhalte. „Das ist ein Wertefundament, das Ihr verkörpert, das man in einer Gesellschaft – gerade in einer Krise – mehr denn je braucht“, sagte der CSU-Minister.

Joachim Herrmann verband seine Rede bei der Landesversammlung ebenfalls mit klarem, ehrlichem Lob an die Adresse von Theo Zellner. Was dieser in den letzten Jahren geleistet habe, sei schon außergewöhnlich, sagte der Innenminister. „Es war nicht immer leicht mit Dir. Du hast mir und meinen Mitarbeitern gegenüber sehr klar und deutlich die Positionen vertreten, aber es war immer konstruktiv“, meinte der CSU-Vertreter, der Zellner einen „Bayerischen Löwen“ als Anerkennung überreichte.

In seiner Zeit als Präsident habe er „unheimlich viel durchgesetzt“ für das Rote Kreuz, eine Organisation, bei der es nicht um den Selbstzweck gehe, sondern darum, den Menschen zu helfen. Selbstlos, wie Herrmann hervorhob.

Hasselfeldt: "Erfolgreiche Ära endet"

DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt strich in ihrem Redebeitrag die Zahl der 180.000 ehrenamtlichen Aktiven im Bayerischen Roten Kreuz heraus, das in der Gesellschaft fest verankert sei. Mit dem Abschied Theo Zellners, erklärte sie, ende für das BRK eine erfolgreiche Ära. Als Präsident habe er seine praktischen Erfahrungen als Kreisvorsitzender genauso wie seine politischen Kontakte in den Dienst des BRK gestellt.

In seiner Amtszeit, hob sie hervor, hätten immer wieder neue Ideen entwickelt und umgesetzt werden können – als Beispiele nannte sie die mit Erfolg etablierte Helfergleichstellung genauso wie das Bayerische Zentrum für besondere Einsatzlagen (BayZBE) in Windischeschenbach. „All das trägt die Handschrift von Theo Zellner“, sagte sie.

Dem Bad Kötztinger, der sie nach eigenen Angaben vor vier Jahren darin bestärkt hatte, als DRK-Präsidentin zu kandidieren, bescheinigte sie Herzblut, Hartnäckigkeit und Leidenschaft – Leidenschaft, mit der er auch andere immer wieder motiviert habe. Unter den Präsidenten der Landesverbände sei Zellner, der nie lang um den heißen Brei herumgeredet, sondern Dinge schnell auf den Punkt gebracht habe, hochangesehen gewesen. Sein Wort habe Gewicht gehabt, meinte Hasselfeldt und bedachte ihn mit einem Buchpräsent.

OB Reiter hebt den Einsatz für die Ehrenamtlichen hervor

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, der eine Videobotschaft ausstrahlen ließ, nannte die Helfergleichstellung ebenfalls als eines der größten Verdienste Zellners. Darüber hinaus habe sich der Präsident dafür stark gemacht, dass das Rote Kreuz für die Ehrenamtlichen attraktiv bleibe.

Der für seine klaren Worte gelobte Theo Zellner blieb dieser Linie treu. Nichts an dieser 40. Landesversammlung sei normal, sagte er in seiner Begrüßung. „Wir hätten uns das anders vorgestellt.“ Während die Delegierten und das Präsidium tagten, kämpften tausende Pflegerinnen und Pfleger in vielen Einrichtungen sowie Mitarbeiter im Rettungsdienst „um die Gesundheit und das Leben von Corona-Erkrankten“. Im Namen aller Versammelten wolle er ihnen herzlich danken.

Eine Lehre, die es aus der Pandemie zu ziehen gelte, sagte er in diesem Zusammenhang, müsse es sein, sich intensiv mit der Zukunft der Pflege zu befassen. „Wir verdanken diesen Menschen, dass das Gesundheitssystem funktioniert“, erklärte er. Wenn es um die Stärkung der Pflege gehe – Zellner nannte sie als eines von vier Kernthemen, die ihn umtrieben –, dürften nicht nur warme Worte gesprochen werden. Es müsse vielmehr spür- und sichtbar auf eine Reform des Pflegeberufs hingearbeitet werden, die diesen Namen auch verdiene.

„Wir sind mitten in der Notlage – und unser Gesundheitssystem ist außerordentlich überlastet“, hielt der BRK-Spitzenfunktionär mit Blick auf das aktuelle Pandemie-Geschehen fest. „Impfen“, forderte er an dieser Stelle in aller Deutlichkeit, „ist eine soziale Bürgerpflicht.“ Es sei keine Privatsache.

Kritik am "Verhalten einer Minderheit"

Die Endlosdebatten um Impflicht, Impfstoff, Lockdown und Teil-Lockdown seien eine Zumutung und ein Schlag ins Gesicht all derer, die derzeit in Altenheimen, Krankenhäusern und Rettungsdiensten frustriert, mitunter zornig „unser Gesundheitssystem aufrechterhalten“, betonte Zellner. Das Verhalten einer Minderheit habe gesundheitliche, auch tödliche Folgen für besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen.

„Auf das Bayerische Rote Kreuz ist Verlass! Auf Euch ist immer Verlass – Tag und Nacht und wann immer es nötig ist“, sagte Zellner an die Adresse der Rot-Kreuz-Familie und der vielen Ehrenamtlichen, für die er auch entsprechende gesellschaftliche Anerkennung einforderte. „Selbstverständlichkeit ist der Feind der Wertschätzung“, befand er und trat dafür ein – es ist das zweite der für ihn maßgeblichen Themenfelder –, auch diesen Bereich beim BRK zu stärken.

Die Arbeitswelt sei flexibler geworden. Hier die Nischen zu finden, noch ehrenamtliche Angebote zu haben, „das wird eine Herausforderung sein“, prognostizierte er.

Zellner setzte sich außerdem dafür ein, den Katastrophenschutz auszubauen. Auch der Sozialarbeit – das vierte Thema, das er nannte – muss nach seinem Dafürhalten weiter großes Augenmerk gelten. Denn: „Das BRK ist ein unverzichtbarer Sozialanker“, betonte er.

Eine große Überraschung zum Schluss

Kurz vor Ende der Versammlung gegen 17.45 Uhr erfuhr der 72-Jährige eine besondere Würdigung. Vizepräsidentin Brigitte Meyer überreichte ihm nach einstimmigem Beschluss des Landesvorstands die Ernennungsurkunde zum BRK-Ehrenmitglied. Den Antrag hatte Zellners „Heimatkreisverband“ Cham über Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner eingereicht.

Wie ihre Vorredner aus der Politik würdigte Meyer die Verdienste des Funktionärs. Theo Zellner könne für die acht Jahre seiner Präsidentschaft eine wahrlich beachtliche Bilanz ziehen. Und das obwohl es eine „nicht immer leichte Zeit“ gewesen sei. So nannte Meyer die Flüchtlingsströme 2015/2016, Hochwasser- und Schneekatastrophen und nicht zuletzt die Pandemie als große Herausforderungen seiner Amtszeit.

Mit dem Grenzüberschreitenden Rettungsdienst, der die Zusammenarbeit mit Tschechien auf ganz neue Beine gestellt habe, der Helfergleichstellung oder dem Einsatz rund um die Novelle des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes zählte sie weitere Themen auf, die „immer mit seinem Namen verbunden sein werden“.

"Eine großartige Bilanz"

Seit 1989, verdeutlichte Meyer, bringe sich Zellner ins Rote Kreuz ein. Seit 1997 sei er Kreisvorsitzender in Cham – im April sei er dort zum achten Mal im Amt bestätigt worden. „Cham kann für diese Zeit eine in vielerlei Hinsicht großartige Bilanz vorweisen“, sagte die Laudatorin. Mit Blick auf die Hybrid-Veranstaltung bedauerte sie es, Zellner nicht im großen Rahmen für sein Engagement würdigen zu können.

Der Bad Kötztinger bedankte sich gerührt, hob aber die Gemeinschaftsleistung hinter der Ehrung hervor. „Das ist eine Auszeichnung für alle, die ich in den letzten acht Jahren begleiten durfte“, sagte er.

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